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Verschobener Sprung ins Formel-1-Rampenlicht

Mark Hallam
9. Oktober 2020

Auf dem am Nürburgring jagt Lewis Hamilton Michael Schumachers Siegrekord in der Königsklasse des Automobilsports. Schumachers Sohn Mick muss überraschend noch auf seinen ersten Formel-1-Einsatz warten.

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Motorsport Mick Schumacher
Bild: Laci Perenyi/picture alliance

Der Name Schumacher schwebt über dem Rennwochenende der Formel 1 am Nürburgring. Zum einen hat Lewis Hamilton erneut die Chance, mit einem Sieg zu Michael Schumachers "ewigem" Rekord von 91 Grand-Prix-Erfolgen aufzuschließen. Die erste Gelegenheit dazu hatte der 35 Jahre alte Brite Ende September beim Rennen in Sotschi in Russland nicht nutzen können - wegen einer Zeitstrafe, die den Mercedes-Fahrer zurückgeworfen hatte. Dennoch führt Hamilton die WM-Gesamtwertung souverän an, und kaum einer zweifelt daran, dass der sechsmalige Weltmeister am Ende der Saison auch Michael Schumachers Bestmarke von sieben WM-Titeln einstellen wird.

Für noch mehr Aufsehen als Hamiltons Rekordjagd sorgte am Nürburgring jedoch ein anderes Ereignis, das ebenfalls im Zusammenhang mit dem Namen Schumacher steht: Mehr als sieben Jahre nach dem schweren Skiunfall Michael Schumachers, der ihn zum Pflegefall machte, sollte Sohn Mick sein Debüt in der Königsklasse des Automobilsports geben. Geplant war, dass der 21-Jährige beim ersten freien Training an diesem Freitag das Cockpit von Alfa-Romeo-Pilot Antonio Giovinazzi übernimmt. Schumacher gehört zur Nachwuchs-Akademie des Ferrari-Konzerns, der Alfa Romeo mit Motoren beliefert. 

Doch aus dem erhofften Auftritt wurde nichts: Die schlechten Wetterbedingungen machten die Austragung des Auftakttrainings in der Eifel unmöglich. Giovinazzi kehrte wie geplant für den Rest des Wochenendes wieder hinter das Lenkrad zurück.

Noch hat der Rennstall seine Pläne für die Saison 2021 nicht bekanntgegeben. Doch sagen wir es mal so: Die Ingenieure bei Alfa Romeo müssen die Maße Mick Schumachers für die Sitz-Positionierung im Cockpit nach dem Rennen am Nürburgring wohl nicht in die Tonne werfen. Der Aufstieg des Formel-2-Spitzenreiters in die Formel 1 scheint unmittelbar bevorzustehen. 

Von Betsch zu Mick Junior

Trotz seiner im Vergleich zu Michael Schumacher deutlich helleren blonden Haarfarbe, die Mick von seiner Mutter Corinna geerbt hat, ist die Ähnlichkeit mit seinem Vater frappierend - vor allem, wenn er im Renn-Overall sein breites Schumacher-Lächeln aufsetzt. Mick wurde 1999 am Genfer See in der Schweiz geboren und wuchs auch dort auf. Schon als kleiner Junge fuhr er als Mick Betsch Kartrennen - unter dem Geburtsnamen seiner Mutter, um dem Rampenlicht zu entgehen. "Das hat mir sehr gutgetan", sagte Schumacher Ende vergangenen Jahres in einem Podcast der Formel 2. "Da ich nicht zu viel Aufmerksamkeit in den Medien bekam und damit nicht zu viele Leute auf mich schauten, konnte ich mich voll und ganz auf das konzentrieren, was ich tat. Ich denke, das hat mir wirklich geholfen, das zu werden, was ich jetzt bin."

Motorsport Mick Schumacher
Mick Schumacher im Mai 2019 bei Testfahrten für den Formel-1-Rennstall Alfa Romeo in BahrainBild: Laci Perenyi/picture alliance

Lange hielt der Schutzmantel der Anonymität allerdings nicht. Seine Tarnung sei häufig aufgeflogen, erinnerte sich Mick Schumacher. Er habe dann diese Leute gebeten, ihre Kameras wegzupacken und für sich zu behalten, dass der Spross des Formel-1-Rekordweltmeisters Michael Schumacher bereits Rennen fährt. Als er als Jugendlicher 2014 bei internationalen Junioren-Kartrennen startete, legte er sich den Spitznamen "Mick Junior" zu. 2015 wechselte er mit 16 Jahren in den Automobilsport, die Formel 4. Ganz offiziell begann nun die Rennkarriere von "Mick Schumacher". Seitdem steht er im Fokus der Medien. Jeder Schritt seiner Juniorenkarriere wurde mit Argusaugen verfolgt. 

Es bleibt in der Familie

Dass Söhne berühmter Rennfahrer eines Tages selbst im Cockpit sitzen, hat in der Formel 1 inzwischen durchaus Tradition. Zwei von Michael Schumachers ersten Titelrivalen, Damon Hill und Jacques Villeneuve, waren Söhne von Formel-1-Legenden: Graham Hill und Gilles Villeneuve. Der aktuelle Red-Bull-Fahrer Max Verstappen hat die Leistungen seines Vaters Jos, einer von Schumachers frühen Teamkollegen bei Benetton, längst übertroffen. Und Michael Schumachers letzter Teamkollege bei Mercedes, Nico Rosberg, wurde 2016 gar Weltmeister - wie sein Vater Keke Rosberg 1982.

Alles eine Frage der Gene? Vielleicht, doch zwei Dinge dürften mindestens genauso entscheidend sein: Das Interesse am Rennsport, das durch das Familienerlebnis quasi in die Wiege gelegt wird, und der einfachere Zugang zu einer Sportart, die teuer ist und deren Einstiegshürden hoch liegen. Da können die persönlichen Kontakte von "Rennsport-Vätern" etwa zu Teams und Sponsoren sehr hilfreich sein. Außerdem verfügen Formel-1-Fahrer in aller Regel über das nötige Kleingeld, um auch ihren Kindern eine Rennsportkarriere zu ermöglichen.

Talentiert und engagiert wie sein Vater

Vor seinem schweren Skiunfall im Dezember 2013 unterstützte Michael Schumacher die Rennfahrer-Ambitionen seines Sohns mit Rat und Tat. "Er verriet mir einige Tipps und Tricks. Aber er ließ mich auch meine eigenen Fehler machen", erinnerte sich Mick Schumacher in dem Podcast Ende 2019. "Ich denke, durch Fehler lernt man am meisten. Und das wusste er."

Porträt - Michael Schumacher
Michael Schumacher nach seinem letzten Formel-1-Rennen im November 2012 in Sao PauloBild: Getty Images/C. Mason

Sein geschliffenes, aber freundliches Auftreten, sein fließendes Englisch, sein Talent, seine Fitness, seine totale Hingabe an den Rennsport - in vielem erinnert Mick an seinen Vater. Doch der 21-Jährige muss seinen eigenen Weg finden, um nicht ständig in die Schublade "der Sohn von" gesteckt zu werden. "Natürlich habe ich vor der ganzen Sache Respekt", sagte Mick Schumacher vor seinem ersten Einsatz in einem Formel-1-Rennauto. "Ich werde versuchen, das zu machen, was ich kann - und mich auf mich konzentrieren." Auf dem Nürburgring hat es jetzt zwar nicht geklappt, aber aufgeschoben ist bekanntlich ja nicht aufgehoben.

Adaption: Stefan Nestler