Die transatlantische Teilung überwinden | Presse | DW | 15.12.2020
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Presse

Die transatlantische Teilung überwinden

Die Pandemie zeige, wie schlecht die Beziehungen zwischen den USA und Europa geworden seien, so die Präsidentin des German Marshall Fund und plädiert für eine Wiederbelebung der transatlantischen Partnerschaft.

Donald Trump, Ursula von der Leyen

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit US-Präsident Donald Trump im Januar 2020 auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos.

Die Covid-19-Pandemie zeigt, dass die transatlantische Zusammenarbeit von wesentlicher Bedeutung ist, um wirksame Lösungen für gemeinsame Herausforderungen zu finden – auf beiden Seiten des Atlantiks und auch für andere Staaten. Das war das Fazit einer Anfang 2020 gegründeten transatlantischen Task Force, organisiert vom German Marshall Fund of the United States und der Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung, die ich gemeinsam mit Wolfgang Ischinger, dem Vorsitzenden der Münchner Sicherheitskonferenz, geleitet habe.

Nach Beratungen unter den 14 Task­Force-Mitgliedern beiderseits des Atlantiks schlugen wir konkrete politische Empfehlungen als Antwort auf sechs Herausforderungen vor, die für unsere gemeinsame Zukunft von entscheidender Bedeutung sind: Pandemien, wirtschaftliche Erholung, Klima, China, Technologie und Sicherheit. Themen, die über nationale Grenzen hinausgehen. Diese Herausforderungen können für sich genommen nicht allein erfolgreich bewältigt werden. Lösungen dafür können nur durch nachhaltiges und kooperatives Handeln länderübergreifend entwickelt werden.

Die Öffentlichkeit auf beiden Seiten des Atlantiks ist jedoch skeptisch. Nur wenn die USA und Europa durch wirksames Handeln zeigen, dass wir gemeinsam besser vorankommen, können wir beginnen, die Skepsis und die Enttäuschung der Öffentlichkeit gegenüber politischen Entscheidern und auch untereinander zu überwinden.

Viele Menschen in Europa, die von den Vereinigten Staaten und ihrer Führung desillusioniert sind, wünschen sich mehr militärische, technologische und wirtschaftliche Autonomie. In den USA teilen die Anhänger von Noch-Präsident Trump seine Ansicht, dass die Vereinigten Staaten seit langem von ihren europäischen Verbündeten ausgenutzt würden. Einige Beispiele aus den insgesamt 36 Empfehlungen unserer Task Force verdeutlichen, wie wir die transatlantische Teilung überwinden können.

Pandemien

Die Covid-19-Pandemie zeigt, dass ein Keim genauso leicht töten kann wie eine Kugel. Eine Maßnahme wäre die Schaffung eines gemeinsamen Vorrats an medizinischen Hilfsgütern und Medikamenten, um auf künftige Notfälle im Bereich der öffentlichen Gesundheit reagieren zu können.

Wirtschaftliche Erholung

Im Hinblick auf die Wiederbelebung der Wirtschaft empfehlen wir, dass die USA und Europa einen festen realistischen Zeitplan für den Abschluss der Beratungen in der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) über Art und Umfang der digitalen und internationalen Unternehmensbesteuerung festlegen. Ein solcher Schritt ist besonders wichtig, um Reibungsverluste zu vermeiden, wenn Regierungen, die von der Rezession betroffen sind, nach neuen Einnahmequellen suchen.

Klima

Was den Klimawandel betrifft, so haben wir als eine Möglichkeit erkannt, die subnationale Klimakooperation zu verstärken. US-amerikanische und europäische Städte, US-Bundesstaaten und andere subnationale Einheiten sollten ihre Zusammenarbeit auf lokaler Ebene mit nichtstaatlichen Akteuren und dem Privatsektor verstärken und Erfahrungen und Ziele in Bereichen austauschen, die von der Dekarbonisierung der Stromnetze über die groß angelegte Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bis hin zur Verbesserung der Energieeffizienz in Gebäuden reichen.

China

In Bezug auf China sollten sich die USA und Europa auf die Gegenseitigkeit der Chancen als Organisationsprinzip in den Beziehungen mit China einigen, unter anderem in Bezug auf Marktzugang, Investitionen und den Schutz des geistigen Eigentums. Ein solches Beharren auf Gegenseitigkeit muss durch konzertierte Aktionen unterstützt werden, wenn diese nicht gegeben ist.

Technologie

Was die Technologie betrifft, sind Europa und die USA seit langem sowohl Rivalen als auch Partner. Aber die Wettbewerbsdynamik verschiebt sich. China ist zu einem wichtigen Akteur im globalen Technologiesektor geworden; weder die Amerikaner noch die Europäer haben die Ressourcen, um sich allein gegen eine solche Konkurrenz durchzusetzen. Eine unserer Empfehlungen wäre die Schaffung größerer finanzieller und regulatorischer Anreize für transatlantische Wissenschafts- und Technologie-Partnerschaften, einschließlich der Zusammenarbeit bei der Forschung und Entwicklung zukunftsweisender Technologien.

Sicherheit

Beim Thema Sicherheit brauchen wir eine bessere Abstimmung unseres Ansatzes gegenüber Russland. Die USA und ihre NATO-Partner sollten die Parameter, Ziele und den Zeitplan für eine gegenseitige Wiederannäherung an Russland festlegen und die von Moskau zur Rechtfertigung dieser Bemühungen erforderlichen Voraussetzungen klar formulieren. Ein möglicher Mechanismus zur Erreichung dieses Ziels könnte eine jährliche gemeinsame Beurteilung der Russlandpolitik durch den NATO-Generalsekretär und den Hohen Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik sein.

Wir haben diese Empfehlungen nicht ausgesprochen, weil sie leicht umzusetzen sind, sondern weil sie praktische Initiativen darstellen, die uns bei der Bewältigung wichtiger Probleme helfen sollen, mit denen wir konfrontiert sind. Es liegt an uns, ob wir uns diesen globalen Herausforderungen gemeinsam oder allein stellen wollen. 

Dr. Karen Donfried

ist Präsidentin des German Marshall Fund of the United States (GMF), einer gemeinnützigen Organisation, die sich für die Stärkung der transatlantischen Zusammenarbeit durch Politikanalysen, Stipendien für Führungskräfte der nächsten Generation und Unterstützung der Zivilgesellschaft einsetzt. Bevor sie die Position im April 2014 übernahm, war Donfried Sonderassistentin des Präsidenten und leitende Direktorin für europäische Angelegenheiten im Nationalen Sicherheitsrat. Davor war sie in Washington D.C. im National Intelligence Council sowie im Stab für Politikplanung des Außenministeriums und im Forschungsdienst des Kongresses tätig.

 

 

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