1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Ein Mann von Welt namens Hansi Flick

Marko Langer
17. Dezember 2020

Die Besten - das sind nicht immer die schillernden Figuren, die sich in den Vordergrund drängen. Die Besten sind oft jene, die ruhig ihrer Arbeit nachgehen. So wie Hansi Flick, der zu den besten drei Coaches zählt.

https://p.dw.com/p/3mr61
UEFA Super Cup 2020 Bayern München
Beifall für sein Team im Super-Cup: Bayern-Trainer Hansi FlickBild: Frank Hoermann/picture-alliance/Sven Simon

Das war wieder typisch. Andere Trainer hätten lamentiert, auf Verletzungssorgen verwiesen und vielleicht auch darauf, dass diese Saison viel zu viele Spiele mit sich bringt. Der Trainer des FC Bayern München, bei dem in dieser Spielzeit nun wirklich auch noch nicht alles rund läuft, aber dachte vor den Bundesliga-Partien in dieser Woche nicht daran, zu lamentieren: "Wir werden alles reinhauen, was wir haben. Das sind wichtige Spiele, große Hindernisse, die wir überspringen müssen. Man kann schon sagen, dass es Big Points wären", betonte Flick vor den Spielen gegen den VfL Wolfsburg und Bayer Leverkusen in dieser Woche. Selbst wenn sich Flick die kurze Weihnachtspause herbeisehnen sollte: Er würde es so wohl nicht öffentlich kundtun. 

Die Sache mit dem Standing

Wobei das Herumreden keine Parade-Disziplin des Bayern-Coachs ist. Wenn die Dinge nicht laufen, braucht er keinen Sportdirektor oder Klubvorstand, der dann sagt, dass die Dinge nicht laufen. Insbesondere nicht gegenüber der eigenen Star-Truppe. In Rekordzeit hat sich Flick bei seiner Mannschafz ein Standing erarbeitet, von dem andere Trainer mit durchaus klangvollen Namen in München nur träumen konnten. 

Die Arbeit des Bayern-Coachs, aber natürlich auch der bemerkenswerte Triple-Erfolg in der vergangenen Saison hatten ihn in die "Shortlist" für den Welttrainer-Titel des Fußball-Weltverbandes FIFA geführt. Es konnte ihn am Ende nur der Meistertrainer des FC Liverpool, Jürgen Klopp, übertrumpfen. 

UEFA Awards Hansi Flick
Den Titel "Trainer des Jahres" der UEFA hat Hansi Flick bereits eingeheimstBild: Robert Hradil RvS/Reuters

Viele Vergleiche sind - auch an dieser Stelle hier - gezogen worden zwischen Flick und dem Großmeister der Münchner Übungsleiter-Zunft, Jupp Heynckes.Und es gibt durchaus interessante Parallelen zwischen den Trainer-Karrieren der beiden. Heynckes wurde zurückgeholt, als den Italiener Carlo Ancelotti in München nur noch der Italiener Carlo Ancelotti gut fand. Flick wiederum bekam seine Chance, als das "Experiment Niko Kovac" in München gescheitert war.

Wette auf die Zukunft

Flick, den man zunächst als Co.-Trainer geholt hatte, war auf dem Trainerstuhl des Rekordmeisters zunächst wohl eher als Interimslösung vorgesehen. Flick als Cheftrainer - das hatte etwas von einer Wette auf die Zukunft. Die Bayern-Chefs wussten um die menschlichen Qualitäten des ehemaligen Assistenten von Bundestrainer Joachim Löw - und um die fachlichen sowieso. Jemand, der als Jahrgangsbester den Fußballlehrer-Lehrgang an der DFB-Trainerakademie beendete hatte, mit der Nationalmannschaft Weltmeister 2014 geworden war und schließlich Sportdirektor beim DFB wurde muss man nicht erklären, wie das Spiel funktioniert. Und doch war es eben Neuland für den 55-Jährigen. Wer steigt schon bei seiner ersten Station als Cheftrainer gleich beim FC Bayern ein?

Von vier auf eins

Flick machte sich an die Arbeit, sprach viel, kommunizierte mit Leistungs- wie Hoffnungsträgern und machte auch keinen Bogen um "Problemprofis". Die Bayern standen auf Tabellenplatz vier, als Flick Anfang November 2019 übernahm. Am 32. Spieltag waren sie dann Meister - mit 13 Punkten Vorsprung vor dem Rivalen Borussia Dortmund.

Fussball Champions League  Finale  Paris St. Germain - Bayern Muenchen
Gutes Standing in der Mannschaft, selbst wenn er fliegt: Hansi Flick nach dem Gewinn der Champions LeagueBild: Imago Images/SvenSimon

Flicks Vor-Vorgänger Heynckes hat im Fachmagazin "Kicker" einmal über ihn gesagt: "Sein ehrlicher, empathischer Charakter befähigt ihn, in die Köpfe und Seelen der Menschen zu gelangen." Ihm imponiere die Homogenität der Elf auf dem Platz und die Harmonie der Spieler außerhalb - Attribute, die man auch zu Heyckes' eigener Zeit als Bayern-Trainer dem Team zuschreiben konnte. 

Von wegen Hans-Dieter

"Unser Ziel ist es, möglichst Ballverluste zu vermeiden", ist so ein typischer, klarer Flick-Satz - ausgesprochen nicht vor irgendeiner Partie, sondern vor dem Champions-League-Finale 2020 gegen PSG. Oder auch: "Wir fangen wieder bei Null an", wie Flick nach dem 8:2-Kantersieg gegen den FC Barcelona im Halbfinale mit Blick auf das Finale sagte. Dennoch ließ Klub-Vorstand Oliver Kahn es sich nicht nehmen, den Coach, "der der Mannschaft wieder Struktur gegeben hat, der den wichtigen Spielern das Selbstvertrauen gegeben hat", nach dem Triumph von Lissabon herauszuheben. Die Mannschaft, so Kahn, spiele "nach einer klaren Idee". Manchmal sind es auch die unaufgeregten Worte, die das wahre Lob in sich tragen. 

Auch nach dem Triple sollte man übrigens weiter "Hansi" statt Hans-Dieter zum Erfolgstrainer sagen. Die Anrede mit dem Bindestrich-Vornamen mag Flick - wie man hört - nicht besonders. Das ändert sich auch nicht dadurch, dass der Trainer von der FIFA zu den besten drei Coaches der Welt geadelt wurde.