1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Kreidezähne bei Kindern sind gefährlich

Gudrun Heise
30. August 2021

Kreidezähne bröckeln, der Zahnschmelz ist sehr weich. Sie sind empfindlich und schmerzhaft. Mittlerweile sind davon mehr Kinder betroffen als von Karies. Eine Heilung gibt es bislang nicht.

https://p.dw.com/p/3zgbn
Blick durch den Mund auf eine behandelnde Zahnärztin
Kreidezähne gelten als neue Volkskrankheit: Jedes dritte Kind im Alter von 12 Jahren hat die Erkrankung. Bild: picture-alliance/dpa/J. Stratenschulte

Kreidezähne sehen recht unschön aus. Ästhetik spielt aber bei dieser Erkrankung eine eher untergeordnete Rolle. Das weitaus größere Problem ist, dass der Zahnschmelz sehr weich ist. Kreidezähne entstehen meist, wenn sich nach den Milchzähnen die zweiten Zähne bilden. Jedes dritte Kind im Alter von 12 Jahren hat diese Erkrankung.

Die Ursachen seien nicht eindeutig geklärt, sagt Zahnärztin Alexandra Wolf. "Es könnten Faktoren sein, die schon vor der Geburt einen Einfluss darauf haben, ob Kreidezähne entstehen."  Aber Genaues wissen die Forscherinnen und Forscher nicht. 

Wenn der Entwicklungsprozess gestört ist und sich der Zahnschmelz nicht richtig bildet, können sich Kreidezähne bereits im achten Schwangerschaftsmonat entwickeln. In dieser Phase aber können sie nicht erkannt oder gar behandelt werden. "Auch Sauerstoffmangel während der Geburt kann zu dieser Erkrankung führen", ergänzt Wolf. Die vorderen Backenzähne und die Schneidezähne sind dabei am häufigsten betroffen. 

Kind mit Milchzähnen
Kreidezähne sind oftmals hypersensibil und tun weh, wenn etwas Kaltes oder Heißes an die Zähne kommt. Bild: picture-alliance/dpa/P. Pleul

Nicht nur eine Frage der Ästhetik

Perfekte Zähne stehen für Schönheit und Gesundheit. Weiß sollen sie sein, möglichst gleichmäßig und gerade im Mund gewachsen - das sorgt für ein strahlendes Lächeln. Bei Kreidezähnen geht es aber nicht vorrangig um das Aussehen. "Die Kinder haben oft auch eine Hypersensibilität, sprich: ihre Zähne tun weh, wenn etwas Kaltes, etwas Heißes oder Luft an diese Zähne kommt. Auch Zähneputzen kann dabei schmerzhaft sein", erklärt Wolf. 

Unser Zahnschmelz besteht aus Mineralsalzen wie Fluor, aus Phosphat und aus Kalzium. Das macht den Zahnschmelz widerstandsfähig und ermöglicht es uns, auch harte Lebensmittel zu kauen. Diese Konsistenz haben Kreidezähne nicht, sie bröckeln leicht, ihr Zahnschmelz ist wesentlich weicher als der von gesunden Zähnen. 

Ein erster Schritt, einem Kind mit Kreidezähnen zu helfen, ist die Sensibilität zu verringern. "Wir können den Kindern hochprozentige Fluoride auf die Zähne applizieren. Das bewirkt, dass die Mineralschicht etwas stärker wird und die Sensibilität abnimmt. Wir können die Eltern instruieren, bei der Mundhygiene besser mitzuhelfen", rät Wolf. "Wir können auch Präparate mit speziellen Mineralien anbieten. Diese können die Kinder zuhause täglich auf ihre Zähne aufbringen."

Zahnbehandlung bei einem Kind
Um die Sensibilität zu verringern, werden hochprozentige Fluoride auf die Zähne appliziert Bild: picture-alliance/dpa/P. Pleul

In der Medizin sind Kreidezähne unter der Bezeichnung Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH) bekannt. Es ist nicht dasselbe wie Fluorose, bei der es zu eindeutig weißen Flecken auf den Zähnen, vor allem auf den Schneidezähnen, kommt. Fluorose entsteht - anders als Kreidezähne -  wenn Zähne mit zu viel Fluorid in Kontakt kommen.

Ursachen weiterhin unbekannt

Noch immer können Forschende nicht ganz genau sagen, woran es liegt, dass Kinder Kreidezähne entwickeln. Es gibt eine ganze Palette möglicher Ursachen, die aus verschiedenen medizinischen Bereichen kommen. "Dazu gehören etwa Infektionserkrankungen, die in den ersten drei Lebensjahren auftreten. Die Gabe von Antibiotika, wie beispielsweise Amoxicillin, kann ein Grund sein, aber auch der Mangel an Vitamin D kann einen Einfluss haben", erklärt Wolf.

Bisphenol A(BPA), ein in Kunststoffen vorkommender Weichmacher, steht ebenfalls auf der Liste möglicher Ursachen. Das gilt auch für Dioxin, das sich in Muttermilch findet. Sie ist wegen ihres hohen Fettgehaltes relativ stark mit Dioxinen belastet. Diese Organochlorverbindungen reichern sich im Körperfett und auch in der fetthaltigen Muttermilch an. Der größte Teil, 90 bis 95 Prozent, gelangt über die Nahrung in unseren Körper. 

Was ist möglich?

Ist der Zahnschmelz noch nicht sehr weich, können Zahnärztin oder Zahnarzt die Zähne zunächst einmal mit herkömmlichen Methoden behandeln. Dabei geht es darum, die sogenannten Fissuren, also Vertiefungen und Rillen im Zahn, zu versiegeln. So kann zum Beispiel verhindert werden, dass sich Bakterien einnisten und der Zahn anfälliger für Karies wird.

Karies Symbolbild - Kind mit Karies bei Untersuchung
Von Karies sind mittlerweile weniger Kinder betroffen als von KreidezähnenBild: Colourbox

"Bei der Entstehung der Karies müssen verschiedene Faktoren zusammenkommen. Wir brauchen viele Kohlehydrate, auch sehr süße, klebrige Nahrung. Wir brauchen Mikro-Organismen und Zeit. Wenn all das zusammenspielt, wird der Zahn sozusagen irgendwann aufgelöst. Er geht kaputt und dann haben wir eine Karies, also ein Loch im Zahn", erklärt Wolf. 

Guter Rat ist teuer

Ein Loch im Zahn lässt sich allerdings relativ leicht reparieren. Da wird zunächst die faule Stelle durch Bohren entfernt und dann mit einer Füllung versehen. Bei Kreidezähnen ist es komplizierter. Ist die Erkrankung bereits fortgeschritten, kann eine Krone oder eine Teilkrone nötig werden. 

Ist abzusehen, dass diese Verfahren keine Besserung bringen werden, muss in den meisten Fällen ein Kieferorthopäde hinzugezogen werden. Er wird den kranken Zahn dann möglicherweise entfernen und die so entstandene Lücke entsprechend schließen, etwa mit einem Implantat. 

Warum gerade Kinder Kreidezähne entwickeln, ist nach wie vor nicht klar. Nicht nur an einer adäquaten und erfolgversprechenden Behandlungsmethode fehlt es bislang, auch eine speziell auf Kreidezähne zugeschnittene Prävention gibt es noch nicht. Die Zähne werden ein Leben lang empfindlich und anfällig sein. Die Zahnärzte können lediglich versuchen, den Zahn so gut es geht zu erhalten.