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Safran aus Spanien - ein hartes Geschäft

Stefanie Claudia Müller z.Zt. Albacete
12. November 2021

Safran gilt als das teuerste Gewürz der Welt. In Spanien wird es schon seit Ewigkeiten produziert. Doch auch hier gibt es Kostendruck, internationale Konkurrenz und den Zwang zur Innovation.

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Ungerösteter Safran aus Spanien
Safranfäden und Blüten aus SpanienBild: Luis Oliva

Seit 1000 Jahren bauen die Spanier bereits Safran an. Araber haben die lila Krokusblumen, wissenschaftlicher Name Crocus Sativus, auf die iberische Halbinsel gebracht. Aus den Stempeln der Blüten wird der Safran gewonnen.

Safran selbst hat einen bitteren Geschmack. Doch weil das Gewürz die Geschmackseigenschaften von Lebensmitteln verstärkt, wird es von Spitzenköchen gerne eingesetzt. Zudem wird Safran als Medizin gegen Depressionen und Alzheimer eingesetzt.

Und Safran ist teuer. Zwischen 3000 und 4000 Euro kostet ein Kilo spanischer Safran im Großhandel.

Sabrina Rodriguez (l.) beim Ziehen der Safran-Fäden, neben ihr Javier Guerrero, Miteigentümer des Erzeugers CEAE
Sabrina Rodriguez (l.) beim Ziehen der Safran-Fäden, neben ihr Javier Guerrero, Miteigentümer des Erzeugers CEAEBild: Stefanie Claudia Müller/DW

International gesehen ist Safran aus Spanien allerdings ein Nischenprodukt. Das mit Abstand größte Erzeugerland ist Iran mit einem Anteil von 90 bis 95 Prozent der Weltproduktion. Dies entspricht, je nach Quelle und Jahr, 300 bis 430 Tonnen jährlich, die Angaben variieren hier stark. Mit gewaltigem Abstand folgen Indien (22 Tonnen), Griechenland (sieben Tonnen) und Afghanistan (sechs Tonnen).

Nur noch zwei Tonnen

Für die spanischen Safran-Produzenten ist das Geschäft zunehmend schwerer geworden. "Heute kommt das Land nur noch auf zwei Tonnen pro Jahr", sagt Javier Guerrero, Miteigentümer von CEAE, einem der bedeutendsten spanischen Safran-Erzeuger mit Sitz in Albacete. "Vor 100 Jahren haben wir in Spanien noch rund zehn Tonnen produziert im Jahr."

Schon preislich können die Spanier nicht mit iranischem Safran konkurrieren. "Derzeit liegt der Kilopreis von iranischem Safran bei rund 1000 Euro und der des spanischen bei 4000 Euro", sagt José María Herreros Löwy, Exportdirektor von CEAE. Die Preise schwanken von Woche zu Woche gemäß Nachfrage und Angebot sowie Qualität.

Manchmal sei der Preisunterschied sogar noch größer, sagt Guerrero. In Spanien müssten alle vier Jahre die Felder rotieren, das mache den Krokus-Anbau teuer und kompliziert. "Und im Iran gibt es viele Erntehelfer, für uns ist die Herstellung dagegen ein hartes Geschäft", sagt er.

"In Spanien verdient ein Blütenpflücker gesetzlich 52,40 Euro netto für acht Stunden Arbeit täglich. Im Iran ist es vielleicht ein Euro", so der Unternehmer. Doch es falle ihm zunehmend schwer, genügend Pflücker zu finden für die nur zehntägige Safran-Ernte Ende Oktober.

Spanien | Anbau von Safran
Erntehelfer, alle aus dem Ausland kommend, pflücken Safranblüten auf einem Feld der Forschungsgemeinschaft COAEBild: Stefanie Claudia Müller/DW

Import und Export

Zuviel über die iranische Konkurrenz will er allerdings nicht schimpfen, denn auch seine Firma importiert den wesentlich billigeren iranischen Safran für den Weiterverkauf. Transparenz über Produktion und Handel gibt es wenig, auch Guerrero hält sich mit Details bedeckt.

Immerhin verrät er, dass sein Familienunternehmen mit 13 Festangestellten jährlich rund fünf Millionen Euro Umsatz macht. In Spanien verkauft die Firma den günstigeren Import-Safran aus Iran. Die eigene Safran-Produktion ist dagegen für den Export bestimmt - vor allem in EU-Staaten wie Frankreich, Deutschland oder Schweden. Außerhalb der EU ist Japan ein guter Abnehmer: "Dort gibt es inzwischen spanische Restaurantketten, die unseren Safran mit dem Herkunftssiegel wollen", sagt Guerrero.

Spanischer Safran wird im Gegensatz zum iranischen nicht zu Pulver gemahlen. "Damit er nicht sein Aroma verliert", erklärt Rodolfo Encarnación Marin, Chef der Safran-Forschungsgemeinschaft und Hersteller-Lobby COAE.

"Safran ist nicht nur gut, um Reis oder Kuchen zu würzen und zu färben", sagt der Agraringenieur, der selbst aus Albacete stammt. "Es hat zudem eine aphrodisierende und aufputschende Wirkung. Ich trinke es immer gebröselt in meiner Milch."

Nachfolge und Klimawandel

Einfach ist sein Job derzeit nicht. Der Sektor hat ein Nachfolge-Problem und benötigt dringend technische Lösungen, um die Herstellungskosten zu senken.

Rodolfo Encarnación Marin, Präsident der COAE
Rodolfo Encarnación Marin, Präsident der COAEBild: Stefanie Claudia Müller/DW

Die Qualität des spanischen Safrans, der vor allem rund um Albacete und Toledo in der autonomen Region Castilla-La Mancha angebaut wird, sei in diesem Jahr zwar besonders gut, sagt er. "Aber das Produktionsvolumen pro Pflanze lässt nach - wegen der klimatischen Veränderungen." Das sei auch ein Grund, warum die Region in der Nähe von Madrid in diesem Jahr nicht vor lila Blüten strahlte, wie sonst zur Erntezeit: "Wir brauchen Hitze im Sommer und Kälte im Winter."

Nur noch rund 200 Hektar werden in Spanien für den Anbau von Safran genutzt, was bei gleichbleibender Nachfrage die Preise hoch hält: "Zwischen 1997 und 2007 gab es einen regelrechten Stillstand beim Anbau, erst in den vergangenen zwölf Jahren haben wir wieder aufgeholt", erzählt der Unternehmer Guerrero.

Guerrero heißt auf Deutsch Krieger. Und tatsächlich kämpft er für sein Familienunternehmen, auch wenn er nicht glaubt, dass seine Kinder es weiterführen werden. Zusammen mit dem Agraringenieur Encarnación Marin arbeitet er daran, die Nachfrage auf dem spanischen Heimatmarkt zu vergrößern: "Mehr Paellas sollen wieder mit Safran aus Spanien gewürzt werden."

Dazu müsse der Preis jedoch deutlich fallen. Und das gehe nur, indem die Herstellungskosten für das Gewürz gesenkt werden, das derzeit noch komplett in Handarbeit produziert wird.

Infografik Karte Spanien mit der Region Kastilien-La-Mancha

Maschinen und unbezahlte Frauen

Es gebe bereits Prototypen einer Ernte-Maschine, aber die könne nicht immer eingesetzt werden: "Der Safran-Krokus ist sehr empfindlich und wetterabhängig", erklärt Encarnación Marin. Durch Sensoren sollen die Maschinen zukünftig erkennen, ob eine Pflanze noch blüht oder nicht, bevor sie den Stengel abschneidet.

Aber zeigen will er die Maschine nicht. "Zu oft wurden uns Ideen geklaut", erklärt er. Selbst Patente in diesem Bereich würden von der Forschungsgemeinschaft COAE nicht angemeldet: "Die kann dann jeder einsehen, das bringt uns nichts."

Wobei das Blütenpflücken nur ein Teil der Ernte ist. Anschließend müssen die Safran-Fäden noch vorsichtig aus den Krokusblüten gezogen werden. Das machen laut CEAE - jener Firma also, die über teure und schwer zu findende Erntehelfer klagt - viele hundert Frauen aus Castilla-La Mancha, und zwar ehrenamtlich, "weil es eine Familien-Tradition ist". Zur Belohnung erhalten sie allerdings ein paar Gramm Safran - und der ist ja auch etwas wert.