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Politik

Konzept für EU-Eingreiftruppe vorgestellt

11. November 2021

Die EU soll 2022 ein neues sicherheitspolitisches Konzept bekommen. Der erste Entwurf des Außenbeauftragten Josep Borrell liegt nun vor. Er greift deutsche Forderungen nach einer neuen schnellen Eingreiftruppe auf.

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EU Kampfgruppen Übung bei Sigmaringen 2008
Diese Soldaten nehmen in Stetten in Baden-Württemberg an einer Übung der EU-Battlegroup teilBild: Getty Images

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell strebt eine europäische Eingreiftruppe an, die bis 2025 bis zu 5000 Soldaten umfassen soll. Sie ist Teil eines "strategischen Kompasses", den Borrell den Botschaftern der 27 Mitgliedsländer vorlegte. Sein Entwurf für ein neues sicherheitspolitisches Konzept der Europäischen Union sieht vor, dass die neue Einheit bereits im kommenden Jahr beschlossen werden kann. Je nach Bedarf sollen neben Bodentruppen auch Luft- und Seestreitkräfte teilnehmen.

Der Entwurf soll unter anderem festlegen, welche Fähigkeiten die EU künftig im Bereich des Krisenmanagements haben muss. Die Europäische Union müsse künftig deutlich mehr als eine „soft power" sein, betonte Borrell. Die EU-Außen- und Verteidigungsminister sollen am Montag in Brüssel über die Vorlage diskutieren.

USA New York | Pressekonferenz Josep Borrell
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell (Archivbild)Bild: David Dee Delgado/REUTERS

Ab 2023 soll es laut Konzept regelmäßige Militärübungen geben. Daneben sollen aber auch "willige und fähige" Mitgliedstaaten in kleineren Gruppen gemeinsame Operationen ausführen können. Die Eingreiftruppe soll demnach nicht in Konkurrenz zur NATO stehen, wie es in dem knapp 30-seitigen Text heißt. "Die Nato ist und bleibt das Fundament der gemeinsamen Verteidigung ihrer Mitglieder." Darauf hatten die Bundesregierung und osteuropäische EU-Länder gepocht.

Kombinierbare Module

Es gehe darum, unterschiedliche miteinander kombinierbare „Module" zu haben, erklärte der EU-Außenbeauftragte mit Blick auf seinen Plan. Unterschiedliche Einsatzszenarien könnten beispielsweise das Eingreifen in einen bewaffneten Konflikt, die Evakuierung von Menschen oder das Sichern eines Flughafens sein.

Gegen Bedrohungen wie aktuell im Flüchtlingskonflikt mit Belarus schlägt Borrell "schnelle hybride Reaktions-Teams" vor. Sie sollen die EU-Länder bei der Abwehr "hybrider Bedrohungen" unterstützen, bei denen die Urheber nicht offen agieren. Bisher hat die EU sogenannte Battlegroups als Krisen-Interventionskräfte, die aber noch nie eingesetzt wurden.

Migranten an der Grenze zwischen Polen und Weißrussland
Hybride Bedrohung? Migranten kampieren am Grenzzaun zwischen Belarus und Polen Bild: Leonid Shcheglov/BELTA/AFP/Getty Images

Diskussionen über den Aufbau einer neuen Eingreiftruppe gibt es in der EU bereits seit längerem. Sie wurden zuletzt durch die militärische Abhängigkeit von den USA beim Evakuierungseinsatz in Afghanistan befeuert. So legte danach auch Deutschland gemeinsam mit anderen EU-Staaten einen Vorschlag zum Aufbau einer Eingreiftruppe vor. Er sah vor, die existierenden EU-Battlegroups zu schlagkräftigen und kurzfristig einsetzbaren Krisenreaktionskräften weiterzuentwickeln. Dazu sollten auch Weltraum- und Cyberfähigkeiten sowie Spezialeinsatzkräfte und strategische Lufttransportkapazitäten bereitgestellt werden.

Umgewidmete Battlegroup

Diese Idee wurde von Borrell nun aufgenommen. Die neue Truppe soll „aus substanziell veränderten EU-Battlegroups" und anderen Streitkräften und Fähigkeiten der Mitgliedstaaten bestehen, heißt es in dem Entwurf. Das bisherige EU-Battlegroup-Konzept sieht vor, dass ständig zwei Einheiten mit im Kern jeweils rund 1500 Soldaten bereitgehalten werden, die alle sechs Monate wechselnd von unterschiedlichen EU-Staaten zur Verfügung gestellt werden. Zuletzt hatte es allerdings immer wieder Probleme gegeben, genügend Truppen zusammenzubekommen. So gibt es derzeit beispielsweise nur eine Battlegroup. Zum Einsatz kamen die EU-Kräfte noch nie.

Die neue Truppe soll nun auf jeden Fall so stark sein, dass sie theoretisch einen Militäreinsatz wie den der Amerikaner zur Sicherung des Flughafens in Kabul übernehmen könnte. Die Vereinigten Staaten hatten nach der Machtübernahme der Taliban Mitte August mit rund 6000 US-Soldaten Evakuierungsflüge ermöglicht. Wegen ihres Abzugs mussten die Europäer dann allerdings ihre Rettungsflüge für schutzbedürftige Menschen früher als eigentlich gewünscht einstellen.

Die scheidende deutsche Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer bezeichnete den strategischen Kompass als ein „Schlüsselprojekt", das auf eine deutsche Initiative zurückgehe. „Ich bin sehr stolz darauf, dass das Verteidigungsressort diesen Prozess maßgeblich mitgestaltet hat", so die CDU-Politikerin. Sie sei sich sicher, dass die neue Bundesregierung daran entsprechend anknüpfen werde.

kle/bru (dpa, afp)