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Augentropfen statt Lesebrille

Gudrun Heise
19. Dezember 2021

Es ist sehr lästig: die Buchstaben werden immer kleiner und undeutlicher. Eine Lesebrille muss her. Die Alternative könnten Augentropfen sein. In den USA wurden solche jetzt zugelassen.

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3D Computergrafik Sehtestbild vergroessert durch eine Lupe
Bild: M. Gann/blickwinkel/imago images

In jungen Jahren sind gesunde Augen in der Lage, sich problemlos auf verschiedene Entfernungen einzustellen.  Verkleinern sich unsere Pupillen, erweitert sich die Tiefenschärfe. Diese Fähigkeit, unserer Pupillen zu fokussieren, nimmt im Laufe der Jahre allerdings ab. 

Wie all unsere Organe altern auch unsere natürlichen Augenlinsen. Sie sind Teil unseres optischen Systems. Sie sind elastisch und können sich auf unterschiedliche Distanzen einstellen. Schon ab einem Alter von 40 verlieren sie aber an Elastizität und damit die Fähigkeit von nah auf fern zu fokussieren und umgekehrt. 

Für die meisten Menschen wird es schwierig, Gegenstände scharf wahrzunehmen, die sich in der üblichen Leseentfernung befinden - ein typisches Zeichen von Altersweitsichtigkeit, von Presbyopie - wörtlich: 'altes Auge'.

Augentropfen statt Brille

Die Lösung ist eine Lesebrille. Dazu gibt es jetzt aber auch eine Alternative. 'Vuity' heißen die Augentropfen, die eine Lesebrille überflüssig machen sollen. DieUS-Zulassungsbehörde FDA (Food and Drug Administration)  hat das Medikament jetzt zur Behandlung von Altersweitsichtigkeit zugelassen. Das Präparat könnte das Leben für Menschen erleichtern, die Texte ohne Brille nur noch verschwommen sehen. 

Mit Laser Alterssicht korrigieren

Einmal täglich soll je ein Tropfen in jeweils ein Auge geträufelt werden. Die Tropfen wirken innerhalb von 15 Minuten. Der Effekt hält etwa sechs bis zehn Stunden an, also einen Großteil des Tages. Bewähren sich die Tropfen in der alltäglichen Praxis, könnte die Lesebrille also der Vergangenheit angehören – zumindest für einen großen Teil des Tages und nur über einen bestimmten Zeitraum im Leben. 

Frau träufelt sich Augentropfen ins Auge
Für viele wären Augentropfen statt Lesebrille ein SegenBild: Shotshop/imago images

Studien haben gezeigt, dass die Tropfen besonders gut bei Menschen im Alter zwischen 40 und 55 Jahren funktionieren. Danach ist dann oft eben wieder die Lesebrille angesagt. 

Ganz neu ist der Wirkstoff Pilocarpin  allerdings nicht. In den Vuity-Augentropfen wird er als Pilocarpin-Hydrochlorid verwendet. Pilocarpin in der Augenheilkunde bereits seit 1875 bekannt. Er wurde lange Zeit zur Behandlung des Grünen Stars eingesetzt, einer Erkrankung die mit erhöhtem Augeninnendruck einhergeht. 

Augentropfen zum Lesen sind nicht ohne Nebenwirkungen

Umgerechnet etwa 70 Euro kosten die Tropfen. Sie reichen für eine Behandlungsdauer von 30 Tagen. Die Augentropfen gegen Altersweitsichtigkeit mögen in reichen Ländern eine Möglichkeit sein, die ungeliebte Lesebrille loszuwerden. Für Menschen in ärmeren Ländern aber sind sie alleine schon aus Kostengründen keine Alternative und eher die Lösung eines Luxusproblems als eine dringende Notwendigkeit. 

Gesunde Augen - klarer Blick

Der Preis aber ist nicht der einzige negative Effekt. Es hat sich gezeigt, dass die Tropfen auch Nebenwirkungen haben, die für den Wirkstoff auch schon bekannt waren.  Einige Teilnehmer der durchgeführten Studie klagten über rote Augen und Kopfschmerzen, andere hatten Schwierigkeiten, den Focus schnell zwischen fern und nah und umgekehrt zu wechseln. 

Also vielleicht doch zurück zur Lesebrille?

Lesebrillen sind altbewährt

Lesebrillen sind effizient, aber eben auch umständlicher als wenn man einfach morgens zwei Tropfen in jedes Auge gibt und dann wieder scharf sehen und problemlos Texte lesen kann. Will man den Focus von der Nähe zur Ferne ändern, kann man sie entweder ganz abnehmen, sie auf die Nasenspitze setzen oder auf dem Kopf platzieren. Aber sie sollte möglichst immer greifbar sein, sodass man nicht stundenlang suchen muss. 

Sicher kennen einige, die eine Lesebrille benötigen, diese Situation: Das Preisschild im Geschäft ist einfach viel zu klein - genauso wie die Speisekarte im Restaurant. Da kommt dann eventuell die schüchterne Frage: "Entschuldigen Sie bitte, können Sie mir sagen, was da genau steht? Ich habe meine Brille vergessen."

Lesebrillen haben eben auch eine äußerst beeindruckende und lange Tradition. Bereits im 13. Jahrhundert gab es dieses Hilfsmittel. Natürlich gab es Brillen damals noch nicht im schicken und teuren Designerformat. Aber geholfen haben sie auch.