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Warf die griechische Küstenwache Flüchtlinge ins Meer?

18. Februar 2022

Die Vorwürfe wiegen schwer - und die griechische Regierung hat sie umgehend dementiert: Athen vermutet eine Kampagne der Türkei dahinter. Die Indizien sprechen aber eine klare Sprache.

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Griechenland | Griechische Küstenwache
Ein Boot der griechischen Küstenwache (Archiv)Bild: Giorgos Efstathiou/ANE/Eurokinissi/picture alliance

Ein Mann aus Kamerun beschuldigt Griechenlands Küstenwache, ihn und zwei andere Migranten vor der griechischen Insel Samos nahe der türkischen Küste ins Meer geworfen zu haben. Die beiden anderen Männer ertranken, wie der "Spiegel", der britische "Guardian", das französische Nachrichtenportal "Mediapart" und das niederländische Recherchenetzwerk "Lighthouse Reports" berichten. 

Demnach war der Mann zusammen mit den anderen Männern aus Kamerun und der Elfenbeinküste zuvor von griechischen Grenzschützern auf Samos verschleppt worden. Der Vorfall habe sich im September vergangenen Jahres ereignet, heißt es.

Griechenland | Migrationsminister Notis Mitarachi
Griechenlands Migrationsminister Notis Mitarakis (Archiv)Bild: Eurokinissi/ANE/picture alliance

"Türkische Desinformation"

Die griechische Regierung hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Solche Berichte seien wohl das Ergebnis türkischer Desinformation, erklärte Migrationsminister Notis Mitarakis am Donnerstagabend. "Da die türkischen Behörden nichts unternehmen, rettet die griechische Küstenwache weiterhin jedes Jahr das Leben von tausenden Männern, Frauen und Kindern auf See", erklärte er in einer Stellungnahme.

Seinen Angaben zufolge hat die griechische Küstenwache von 2015 bis 2021 "230.000 Menschen aus Drittstaaten" aus Seenot gerettet. Griechenland schütze die Außengrenzen der Europäischen Union unter vollständiger Einhaltung des Völkerrechts, teilte der Minister schriftlich mit.

Allerdings hat es in der Vergangenheit schon mehrfach Vorwürfe illegaler Pushbacks durch griechische Grenzschützer gegeben.

Umfangreiche Recherchen

Der "Spiegel" und seine Partnermedien haben in diesem Fall nach eigenen Angaben mehr als ein Dutzend Augenzeugen zu dem betreffenden Fall befragt und medizinische Berichte, Fotos und Videos sowie Satellitenaufnahmen ausgewertet. Sie berufen sich zudem auf Informanten in griechischen Sicherheitsbehörden.

Die Recherchen stützen demnach die Darstellung des Kameruners. Seine Beschreibung der türkischen Küstenregion decke sich mit Satellitenfotos und seine Angaben zum Wellengang stimmten mit dem Wetterbericht überein. Dass die beiden Verstorbenen zuvor auf Samos waren, lässt sich demnach anhand der Aussagen von sieben weiteren Geflüchteten belegen.

Die an den Recherchen beteiligten Journalistinnen und Journalisten berufen sich zudem auf zwei griechische Beamte, nach deren Aussagen griechische Küstenwächter tatsächlich immer wieder Flüchtlinge über Bord werfen. Die Taktik werde vor allem bei kleinen Gruppen genutzt. Die türkische Küstenwache hat den Berichten zufolge seit Mai vergangenen Jahres 29 sogenannte Pushbacks registriert, bei denen Menschen ins Wasser geworfen worden sein sollen.

Laut dem "Spiegel" bereiten griechische Anwälte eine Klage vor einem örtlichen Gericht vor. Türkische Anwälte haben demnach eine Beschwerde beim Europäischen Menschenrechtsgerichtshof eingereicht.

mak/wa (dpa, afp)