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Ölpreise auf Rekordhoch, Börsen im Minus

22. Februar 2022

Die Eskalation in der Ostukraine drückt die Kurse an den Börsen nach unten und lässt die Energiepreise weiter klettern. Für die deutsche Wirtschaft könnte der Frühjahrsaufschwung damit schwächer ausfallen.

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Symbolbild US Wirtschaft während Corona-Pandemie | Wall Street
Bild: Courtney Crow/New York Stock Exchange/AP/picture alliance

Der Russland-Ukraine-Konflikt dominiert am Dienstag weiter das Geschehen an den Finanzmärkten. Russland will die selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk als unabhängige Staaten anerkennen. Der russische Präsident Wladimir Putin ordnete zudem die Entsendung von Truppen in den umkämpften Osten des Landes an. Russland ist eines der wichtigsten Ölförderländer, entsprechend groß ist die Sorge vor einer Angebotsverknappung auf dem Weltmarkt.

Am Rohölmarkt zogen die Preise für den wichtigen Rohstoff weiter an. Brent-Öl aus der Nordsee verteuerte sich um bis zu 4,2 Prozent auf 99,38 Dollar pro Barrel. Der Ölpreis liegt damit nur noch wenige Cent von der psychologisch wichtigen Marke von 100 Dollar entfernt, die zuletzt vor siebeneinhalb Jahren erreicht worden war. "Das Potenzial für eine Rally über 100 Dollar pro Barrel hat einen enormen Auftrieb erhalten", sagte Tamas Varga vom Ölmakler PVM. "Diejenigen, die auf eine solche Entwicklung gewettet haben, haben die Eskalation des Konflikts vorweggenommen."

Kursrutsch in Moskau, Dax weniger stark im Minus 

In Moskau setzte sich der Einbruch der russischen Börse wegen der Eskalation im Ukraine-Konflikt nahtlos fort. Der RTS-Index sackte am Dienstagmorgen um fast neun Prozent auf 1101 Punkte ab. Damit steuert der Moskauer Leitindex auf den vierten Verlusttag in Folge und einen Gesamtverlust in diesem Zeitraum von mehr als einem Viertel zu.

Auch die Aktienmärkte in Fernost wurden durch die Verschärfung des Ukraine-Konflikts am Dienstag nach unten gezogen. "Wir sind einer militärischen Intervention sehr viel näher, was natürlich die Stimmung an den Märkten deutlich verschlechtern wird", kommentierte Carlos Casanova, leitender Asien-Ökonom bei der Bank UBP, die Entscheidung Putins.

Symbolbild Erdölbohrung Arbeiter
Ölförderung in SibirienBild: Tatyana Makeyeva/AFP

In Tokio gab der Nikkei-Index 1,7 Prozent auf 26.450 Punkte nach. Die Börse in Shanghai lag ein Prozent im Minus. Der Index der wichtigsten Unternehmen in Shanghai und Shenzen verlor 1,3 Prozent.

Auch der DAX gab nach. Der deutsche Leitindex sackte zur Eröffnung am Dienstag um 2,5 Prozent auf 14.360 Punkte ab. Im weiteren Verlauf erholte sich der Index. "Entscheidend wird jetzt sein, ob der Westen die Schritte Russlands zur Anerkennung der abtrünnigen Gebiete als Invasion betrachtet oder nicht", sagte Thomas Altmann, Portfoliomanager vom Vermögensverwalter QC Partners. Von der Einordnung der Geschehnisse werde es abhängen, welche Sanktionen kurzfristig in Kraft treten. "Klar ist bereits, dass Sanktionen gegen Russland kommen", betonte Altmann.

Folgen für deutsche Konjunktur

Der eskalierende Russland-Ukraine-Konflikt droht Ökonomen zufolge den erwarteten Aufschwung der deutschen Wirtschaft nach der Omikron-Rezession im Winter zu verzögern. "Die Gefahr, dass die Frühjahrserholung stocken wird, nimmt stündlich zu", sagte ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters.

Aktuell schlage sich die Russland-Ukraine-Krise vor allem über den Vertrauenskanal und die Energiepreise auf die deutsche Konjunktur nieder. "Der bilaterale Handel mit Russland ist natürlich nicht groß genug, um ein allgemeines Anziehen der Industrie wegen verbesserter Lieferketten aufzuhalten", sagte der Ökonom. "Eine weitere Eskalation der Situation bringt allerdings neue Unsicherheit, die Gift ist für die Konjunktur." Hinzu kämen noch zu erwartende Sanktionen des Westens gegen Russland.

USA | UN Sicherheitsrat zur Ukraine
Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats am Montag in New York Bild: Evan Schneider/United Nations/AP Photo/picture alliance

"Ob mit dem Abebben der Omikron-Welle die Konjunktur im Frühjahr wieder kräftig an Fahrt gewinnen wird, ist angesichts der Eskalation der Ukraine-Krise und den zu erwartenden Sanktionen keineswegs sicher", hieß es in einer Analyse der Commerzbank. Ähnlich schätzte das der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding, ein. "Ein russischer Angriff auf die Ukraine würde die Erholung um ein bis zwei Monate verschieben", sagte der Experte. Aber der kräftige Anstieg von Stimmungsindikatoren wie zuletzt dem Einkaufsmanagerindex zeige, wie stark die Auftriebskräfte aktuell seien. Schmieding rechnet wegen des Konfliktes mit einem weiteren Anstieg der Energiepreise. Aber Europa sei hier nicht mehr so anfällig, da die Wintersaison weitgehend vorbei sei.

Russland nur auf Rang 13

Der deutsche-russische Warenhandel summierte sich 2021 auf knapp 60 Milliarden Euro. Das entspricht einem Anteil von gut zwei Prozent am gesamten deutschen Warenaustausch mit anderen Ländern. Russland belegt damit Rang 13 der wichtigsten Handelspartner Deutschlands. Aus Russland wurden Waren im Wert von rund 33 Milliarden Euro geliefert, vor allem Rohstoffe wie Erdgas und Rohöl - das Land ist größter Energielieferant Deutschlands. Nach Russland exportiert wurden Waren im Wert von fast 27 Milliarden Euro, vor allem Maschinen, Fahrzeuge und Elektrotechnik.

tko/ hb (rtr, dpa)