1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

2021: Wärmster bekannter Sommer in Europa

22. April 2022

Rekord-Regenfälle und Jahrhundertflut, Hitze-Rekorde und verheerende Waldbrände - 2021 war in Europa ein Jahr des Extremwetters. Zudem war es ein Rekordsommer in Europa. Das geht aus dem Copernicus-Bericht hervor.

https://p.dw.com/p/4AJIH
Waldbrände in Europa | Italien Pescara
Ein Waldbrand im August 2021 bei Pescara in Italien Bild: Italian Firefighters/AP/dpa/picture alliance

Weltklimarat fordert schnelles Umsteuern

Der vergangene Sommer war in Europa aktuellen Klimadaten zufolge der wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen. Er war rund ein Grad wärmer als im Durchschnitt der Jahre 1991 bis 2020, wie aus dem aktuellen Jahresbericht des EU- Erdbeobachtungsprogramms Copernicus hervorgeht, der am Freitag veröffentlicht wurde. Die Copernicus-Aufzeichnungen gehen bis 1979 zurück. Der Klimawandeldienst nutzt zudem Aufzeichnungen von Bodenstationen, Ballons, Flugzeugen und Satelliten, die bis 1950 zurückreichen.

"2021 war ein Jahr der Extreme, darunter der heißeste Sommer in Europa, Hitzewellen am Mittelmeer, Überflutungen und Winddürren in Westeuropa", erklärte der Direktor des Klimawandel-Dienstes von Copernicus (C3S), Carlo Buontempo. Während die Temperaturen vergangenes Jahr global 1,2 Grad über dem vorindustriellen Niveau gelegen hätten, seien es in Europa im Schnitt mehr als zwei Grad darüber gewesen, heißt es in dem Bericht. Dadurch seien die Extremwetter-Ereignisse in Europa 2021 häufiger und intensiver gewesen.

Flutkatastrophe in Westdeutschland

In Deutschland sorgte ein sich nur langsam bewegendes Tiefdruckgebiet am 14. Juli 2021 dafür, dass die größte Regenmenge innerhalb eines Tages fiel. Die Regenfälle wurden dem Bericht zufolge durch ein anderes bislang beispielloses Wetterextrem verstärkt: In Teilen der Ostsee lag die Temperatur der Wasseroberfläche mehr als fünf Grad über dem Durchschnitt.

Flutopfer fordern mehr Klimaschutz

Durch die Überflutungen in Deutschland, etwa an den Flüssen Ahr und Erft, sowie in Nachbarländern wie Belgien entstanden Schäden in Höhe von Dutzenden Milliarden Euro. Allein in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen kamen mehr als 180 Menschen ums Leben. Mehreren Studien zufolge hat der Klimawandel zu diesem Jahrhundert-Hochwasser beigetragen. Da die Erde sich weiter erwärme, würden derartige massive Überschwemmungen zunehmen, heißt es in dem Copernicus-Bericht.

Hitzewelle am Mittelmeer

2021 zählt zwar insgesamt nicht zu den zehn heißesten Jahren in Europa, brachte aber den heißesten Sommer auf dem Kontinent seit Beginn der Wetteraufzeichnungen mit sich. Eine Folge war laut Copernicus eine wochenlange Hitzewelle im Mittelmeerraum, begleitet von gefährlicher Trockenheit. Mit 48,8 Grad auf Sizilien wurde diehöchste Temperatur erreicht, die je in Europa gemessen wurde.

Wildfire in the village of Vilia
Ein Löschhubschrauber bekämpft im August 2021 die Flammen in Vilia in GriechenlandBild: REUTERS

Die Hitze trug unter anderem in Griechenland zu zerstörerischen Waldbränden bei, die die Regierung in Athen als "größte Umweltkatastrophe seit Jahrzehnten" bezeichnete. Insgesamt war der Sommer 2021 eine der schlimmsten Waldbrandsaisons in Europa seit 30 Jahren. Insgesamt habe es allein im Juli und August im Mittelmeerraum auf einer Fläche von 800.000 Hektar gebrannt. Das entspricht der halben Fläche Schleswig-Holsteins. Das zunehmende Extremwetter und seine schädlichen Folgen zeigten, "dass das Verständnis von Wetter- und Klimaextremen immer relevanter für Schlüsselbereiche der Gesellschaft wird", hob Buontempo hervor.

Auch Arktis wird wärmer

Der fünfte Jahresbericht von Copernicus beschäftigte sich auch mit dem Extremwetter in anderen Erdteilen. So erwärmte sich demnach die Arktis um drei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter. Dies sei ein Anstieg, der fast drei Mal so hoch sei wie im globalen Durchschnitt.

Diese Entwicklung in der Arktis trägt dem Bericht zufolge zu einer Erwärmungsspirale bei, denn durch Waldbrände in der Region, vornehmlich in Sibirien, seien 2021 rund 16 Millionen Tonnen CO2 freigesetzt worden und damit in etwa so viel wie beispielsweise ganz Bolivien jährlich ausstößt. Der Grönländische Eisschild habe 2021 rund 400 Milliarden Tonnen an Masse verloren und damit so viel wie in keinem Jahr zuvor, bilanzieren die Copernicus-Forscher. Weltweit habe sich das Abschmelzen der Eisschilde in den vergangenen 30 Jahren mehr als verdreifacht.

Weiterer Zuwachs von klimaschädlichen Gasen

Der Anteil klimaschädlicher Gase in der Atmosphäre der Erde, die die Erderwärmung entscheidend verursachen, hat dem Bericht zufolge im vergangenen Jahr erneut zugenommen: Die Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphäre stieg um 2,3 ppm (Teilchen pro Millionen Luftteilchen). Die von Methan erhöhte sich um 16,5 ppb (Teilchen pro Milliarden Luftteilchen), was einen deutlich größeren Anstieg bedeutet als in den Vorjahren. Methan bleibt zwar kürzer in der Atmosphäre, ist dafür aber noch schädlicher als CO2, und entsteht etwa in der Landwirtschaft, auf Abfalldeponien oder in der Öl- und Gasindustrie. "Das ist auf jeden Fall ein Grund zur Sorge, aber auch eine offene Forschungsfrage", sagte Vincent-Henri Peuch, der bei dem Klimawandeldienst das Daten-Monitoring leitet.

Weltklimarat fordert schnelles Umsteuern

Nach dem kürzlich veröffentlichten Bericht des Weltklimarats (IPCC) müssen die Treibhausgasemissionen für das von den Vereinten Nationen vereinbarte 1,5-Grad-Ziel noch vor dem Jahr 2025 ihren Höhepunkt erreicht haben und dann deutlich gesenkt werden. Dafür seien sofortige und drastische Einsparungen der Emissionen notwendig, mahnte das internationale Gremium von Klimaforschern aus aller Welt. Die Wissenschaft ist sich einig, dass nur mit einer Begrenzung der Erderhitzung auf maximal 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit die katastrophalsten Folgen des Klimawandels noch abgewendet werden können. Bisher reichen die Klimaschutzbemühungen der Staaten dazu noch bei weitem nicht aus.

kle/hf (afp, dpa)