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PolitikEuropa

Schwere Waffen aus Deutschland für die Ukraine

26. April 2022

Bei einer Konferenz zur Militärhilfe auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz hat Verteidigungsministerin Christine Lambrecht deutsche Panzer für die Ukraine zugesagt.

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Deutschland Ramstein Air Base | PK Verteidigungsminister
Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (links) auf der Konferenz zum Ukraine-Krieg in RamsteinBild: Boris Roessler/dpa/picture alliance

Deutsche Kehrtwende: Waffen für die Ukraine

Die Symbolik könnte kaum eindringlicher sein: Die Amerikaner sind Gastgeber dieser Konferenz von mehr als 40 Staaten, aber sie laden auf ihren Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Deutschland ein. Es ist der größte außerhalb der USA. Die westliche Führungsmacht betont damit, dass sie auch in Europa in der Frage der Ukraine-Unterstützung das Sagen hat.

Deutschland | US-Luftwaffenstützpunkt in Ramstein
Der US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz: Hauptquartier der United States Air Forces in EuropeBild: Oliver Dietze/dpa/picture alliance

Zweifel an ihrem Ziel lassen die USA gar nicht erst aufkommen. Sie würden weiter "Himmel und Erde" in Bewegung setzen, um der Ukraine die Waffen zu liefern, die sie brauche, sagte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin in Ramstein: "Die Ukraine ist überzeugt, dass sie den Krieg gewinnen kann, und das tut jeder hier."

Scholz und Lawrow warnen vor einem "dritten Weltkrieg"

Solche und ähnliche Worte haben in den vergangenen Wochen den zögernden deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) immer mehr unter Druck gesetzt, der Ukraine schwere Waffen zu liefern, so wie das andere Staaten wie die USA, Polen, Tschechien oder Frankreich bereits tun. Scholz hat vergangene Woche erneut gewarnt, Deutschland und die NATO drohten damit, "Kriegsparteien in der Ukraine" zu werden. Man müsse alles tun, "um eine direkte militärische Konfrontation zwischen der Nato und einer hochgerüsteten Supermacht wie Russland, einer Nuklearmacht, zu vermeiden".

Es gelte einen atomaren "dritten Weltkrieg" zu verhindern - eine Gefahr, die der russische Außenminister Sergej Lawrow jetzt erneut als "ernst" und "real" bezeichnete. Lawrow bestätigte auch, Waffen westlicher Staaten in der Ukraine seien "legitime Ziele" für Russland.

Doch Scholz' Zurückhaltung ist nun aufgeweicht. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht konnte ihren versammelten Amtskollegen in Ramstein bekanntgeben, man habe erst am Vortag entschieden, dass Deutschland die Lieferung von Gepard-Flugabwehrpanzern an die Ukraine möglich machen werde. "Der Gepard ist genau das, was die Ukraine jetzt braucht, um den Luftraum zu sichern vom Boden aus", sagte Lambrecht.

Indirekte deutsche Hilfe durch Ringtausch

Anders als bei Panzerfäusten und Flugabwehrraketen hat Deutschland die Ukraine bei schweren Waffen wie Artillerie und Kampfpanzern bisher nur indirekt unterstützt: Durch einen Ringtausch liefert Slowenien der Ukraine Panzer aus sowjetischer Produktion, mit denen die ukrainischen Soldaten vertraut sind, während Deutschland die Lücken im Arsenal Sloweniens mit Bundeswehr-Panzern auffüllt. Hier sei Deutschland bereit, noch mehr zu tun, sagte Lambrecht.

Ukrainische Soldaten erhalten außerdem in Zusammenarbeit mit den USA eine Artillerieausbildung in Deutschland; eine ähnliche Ausbildung zusammen mit den Niederlanden ist bei Panzerhaubitzen geplant.

Deutschland Ramstein Airbase Christine Lambrecht
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht: Es war keine einfache EntscheidungBild: KAI PFAFFENBACH/REUTERS

Auch könne die Ukraine bei deutschen Rüstungsherstellern direkt einkaufen: "Die Ukraine bestellt und Deutschland bezahlt", sagte die Verteidigungsministerin. Insgesamt will Berlin die Mittel der sogenannten "Ertüchtigungsinitiative" auf zwei Milliarden Euro aufstocken.

Lambrecht räumte ein, es gebe Kritik an Deutschland, die Zahlen aber sprächen eine andere Sprache. Es sei keine einfache Entscheidung gewesen, dass sich Deutschland "von einer jahrzehntelangen Praxis der Zurückhaltung bei Rüstungsexporten in Kriegs- und Krisengebiete verabschiedet" habe. Aber die Bevölkerung stehe mit großer Mehrheit dahinter.

Bundesregierung: Waffen sind nur Teil einer Lösung

Die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP hat in der Frage der weiteren militärischen Unterstützung der Ukraine einen Antrag für den Bundestag formuliert, über den voraussichtlich am Donnerstag debattiert und entschieden werden soll. Den Regierungsparteien ist es dabei wichtig, die Waffenhilfe in ein umfassendes Konzept einzubetten, zu dem auch Friedensbemühungen, Wiederaufbau und Flüchtlingshilfe gehören.

Ukraine-Krieg | Lage in Mariupol
Russische Zerstörungen in Mariupol: Die westlichen Verbündeten denken schon an die Zeit nach dem KriegBild: Chingis Kondarov/REUTERS

Und die Bundesregierung blickt schon in eine Zukunft nach dem Krieg. Deutschland müsse dann bereit sein, eine der Garantiemächte für die Ukraine zu werden. "Deutschland steht in besonderer Verantwortung, alles dafür zu tun, dass aggressiver Nationalismus und Imperialismus im 21. Jahrhundert in Europa und der Welt keinen Platz mehr haben", schreiben die drei Fraktionen in ihrem Antrag für den Bundestag.

Krieg lässt viele Staaten zusammenrücken

Lloyd Austin konnte in Ramstein verkünden, dass bisher mehr als 30 Regierungen der Ukraine Militärhilfe im Gesamtwert von gut fünf Milliarden US-Dollar geleistet hätten. Aber auch die Konferenz in Ramstein geht über reine Rüstungshilfe hinaus und der Frage nach, wie die Sicherheit der Ukraine in Zukunft gewährleistet werden kann. "Die Ukraine braucht unsere Hilfe, heute (den Krieg) zu gewinnen, und sie wird auch nach dem Ende des Krieges unsere Hilfe brauchen", sagte Austin.

Deutschland | Konferenz zum Ukraine-Krieg in Ramstein
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin (l.) und sein ukrainischer Amtskollege Oleksii ReznikovBild: Kai Pfaffenbach/REUTERS

Wie sehr der russische Überfall auf die Ukraine andere Staaten zusammenrücken lässt, kann man an den Teilnehmern des Treffens in Ramstein ablesen, das über das Verteidigungsbündnis NATO weit hinausgeht: Traditionell neutrale Länder wie Schweden und Finnland haben Vertreter geschickt, beide Länder überlegen inzwischen, der NATO beizutreten.

Ebenfalls anwesend sind Minister aus Australien und Japan. Sie haben Sorge, das russische Beispiel könnte China zu ähnlichen Angriffen in Asien verleiten.

Christoph Hasselbach
Christoph Hasselbach Autor, Auslandskorrespondent und Kommentator für internationale Politik