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Politik

Aktuell: Kinder, Frauen und Ältere haben Stahlwerk verlassen

7. Mai 2022

Aus dem belagerten Asow-Stahlwerk in Mariupol konnten alle Kinder, Frauen und älteren Menschen herausgeholt werden. Der UN-Sicherheitsrat einigt sich erstmals auf eine Erklärung. Ein Überblick.

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Ein Mann geht zwischen russischen Soldaten vom Stahlwerk zu einem Bus
Ein Zivilist geht zwischen russischen Soldaten vom Stahlwerk zu einem Bus Bild: Alexei Alexandrov/AP/dpa/picture alliance

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Kinder, Frauen und ältere Menschen verlassen belagertes Stahlwerk in Mariupol
  • Weltsicherheitsrat einigt sich auf Ukraine-Erklärung
  • Explosionen in Transnistrien
  • USA geben weitere Militärhilfen frei
  • Italien blockt russische Luxus-Yacht

 

Aus dem von russischen Truppen belagerten Werk des Konzerns Asow-Stahl in Mariupol sind alle Kinder, Frauen und älteren Menschen in Sicherheit gebracht worden. "Der Befehl des Präsidenten wurde ausgeführt: Alle Frauen, Kinder und älteren Menschen wurden aus Asowstal evakuiert. Dieser Teil der humanitären Mission in Mariupol ist abgeschlossen", heißt es in einer Erklärung der stellvertretenden Ministerpräsidentin Iryna Vereshchuk, die über die sozialen Medien verbreitet wurde. Eine Zahl nannte sie nicht. Zuletzt war von etwa 200 Zivilisten die Rede gewesen, die sich in dem Industriekomplex in der Hafenstadt Mariupol noch aufhielten.

"Komplett zerstört"

Nach den Worten des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ist Mariupol "komplett zerstört". Er betonte, die Ukraine arbeite an einer diplomatischen Lösung, um die Verteidiger zu retten, die noch im belagerten Stahlwerk ausharren. Es ist die letzte Bastion der ukrainischen Streitkräfte in der Hafenstadt. Einflussreiche Vermittler und Staaten seien in die Bemühungen involviert, sagt Selenskyj in seiner nächtlichen Videobotschaft. Details nannte er nicht. Russische Artillerie- und Panzereinheiten setzten nach Angaben des ukrainischen Militärs ihre Angriffe auf das Werksgelände an diesem Samstag fort.

Asow-Stahlwerk in Mariupol
Immer wieder steigt Rauch über dem Stahlwerk auf - hier eine Aufnahme vom DonnerstagBild: AP/dpa/picture alliance

In den vergangenen Tagen war es nach ukrainischen Angaben im Zuge von UN-geführten Einsätzen gelungen, fast 500 Zivilisten aus der Stadt und aus dem Stahlwerk in Sicherheit zu bringen. Russland hatte am Mittwoch eine dreitägige Feuerpause für Evakuierungseinsätze angekündigt.

UN-Sicherheitsrat mit gemeinsamer Stellungnahme

Der UN-Sicherheitsrat hat sich mehr als zwei Monate nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine erstmals auf eine gemeinsame Stellungnahme geeinigt. Das mächtigste UN-Gremium erklärte einstimmig - also auch mit Zustimmung von Aggressor Russland -, man sei "zutiefst besorgt" über den Konflikt in der Ukraine. Gleichzeitig begrüßte der Sicherheitsrat die Vermittlungsbemühungen von UN-Generalsekretär António Guterres.

Kommt Bewegung in die Diplomatie?

Die Einigung wird zwar als schwächste mögliche Stellungnahme des Gremiums gesehen, aber auch als Hoffnungsschimmer, dass in die blockierte Diplomatie am New Yorker East River doch etwas Bewegung kommen könnte. "Nach dem Treffen des UN-Generalsekretärs mit Russlands Präsident Wladimir Putin ist dies ein Signal, dass Russland und der Westen bereit sind, Guterres eine Chance für mehr Shuttle-Diplomatie zu geben", sagte UN-Experte Richard Gowan vom Thinktank Crisis Group.

UN Sicherheitsrat
Auch Russland stellte sich nicht gegen die ResolutionBild: Spencer Platt/Getty Images

Russland hatte nach seinem Einmarsch in die Ukraine alle möglichen Aktionen des Rates mit Bezug auf den Krieg mit seiner Vetomacht verhindert. Westliche Diplomaten sprechen von tiefen Gräben im täglichen Umgang mit den Vertretern Moskaus.

Dem Weltsicherheitsrat gehören die fünf ständigen Mitglieder und Vetomächte USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien sowie zehn nichtständige Mitglieder an.


"Ausstieg aus der Weltgemeinschaft"

Pro-russische Region Transnistrien meldet erneute Explosionen

Die an die Ukraine angrenzende Konfliktregion Transnistrien in der Republik Moldau hat von erneuten Angriffen auf ihr Territorium gesprochen. In der Nacht habe es in der grenznahen Ortschaft Woronkowo mehrere Explosionen gegeben, berichtete die Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf das Innenministerium der Region. "Über der Militärgarnison in Woronkowo sind mindestens zwei Drohnen geflogen, vier Explosionen waren zu hören." Tote und Verletzte habe es nicht gegeben. Die Angaben konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden.

Das seit den 90er Jahren von der ehemaligen Sowjetrepublik Moldau abtrünnige Transnistrien grenzt an die südukrainische Region Odessa. Transnistrien gilt als pro-russisch, zudem sind dort rund 1500 russische Soldaten stationiert, die den Waffenstillstand und alte Munitionsdepots und Waffenlager überwachen sollen.

Infografik Republik Moldau

Göring-Eckardt für EU-Perspektive der Republik Moldau

Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt hat bei einem Besuch in der Republik Moldau die Bedeutung einer EU-Beitrittsperspektive betont. Moldau brauche schnelle Hilfe, sagte die Grünen-Politikerin nach einem Treffen mit der moldauischen Ministerpräsidentin Natalia Gavrilita. "Die Stabilität von Moldau ist ganz zentral für den Konflikt, den wir gerade in Europa erleben." Es gebe die Sorge, dass Russlands Krieg sich auch auf die angrenzende kleine Ex-Sowjetrepublik ausweite. 

Moldau hatte Anfang März, kurz nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine, einen Antrag auf EU-Mitgliedschaft gestellt. 

Militärparade am 9. Mai?

Russland soll nach Angaben Kiews am 9. Mai, dem Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland, eine Militärparade in Mariupol planen. Der Kreml bestreitet dies. Es sei keine offizielle Siegesparade in Mariupol am 9. Mai geplant, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow in Moskau.

Scholz am 9. Mai nach Kiew eingeladen

Der ukrainische Präsident Selenskyj sprach eine Einladung an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) aus, in die Ukraine zu kommen. Scholz könne einen "sehr starken politischen Schritt" unternehmen und am 9. Mai in die ukrainische Hauptstadt kommen, sagte Selenskyj bei einer Veranstaltung der Londoner Denkfabrik Chatham House.

USA geben weitere Militärhilfen frei

US-Präsident Joe Biden hat unterdessen weitere Militärhilfen für die Ukraine zur Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg freigegeben. Mit einem zusätzlichen Paket sollten dem Land weitere Artilleriemunition, Radargeräte und andere Ausrüstung zur Verfügung gestellt werden, kündigte Biden an. Gleichzeitig warnte der US-Präsident: "Mit der heutigen Ankündigung hat meine Regierung die Mittel, die für die Entsendung von Sicherheitsunterstützung durch die Abzugsbehörden für die Ukraine verwendet werden können, nahezu ausgeschöpft." Er forderte den US-Kongress auf, weitere bereits angeforderte Milliardenhilfen freizugeben.

Bilderchronik des Krieges in der Ukraine | USA | Joe Biden spricht bei Lockheed Martin in Troy
US-Präsident Biden will weitere Militärhilfe für die UkraineBild: Peter Zay/Anadolu Agencypicture alliance

Seit Kriegsbeginn Ende Februar sagten die USA der ehemaligen Sowjetrepublik Waffen und Munition im Wert von mehr als 3,7 Milliarden US-Dollar (rund 3,5 Milliarden Euro) zu oder lieferten diese auch schon. Biden will allerdings viel umfangreichere Lieferungen. Er hat den US-Kongress um weitere 33 Milliarden US-Dollar (31,3 Milliarden Euro) für Militärhilfe und humanitäre Unterstützung gebeten.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg rief den Westen zu weiteren Lieferungen schwerer Waffen an die Ukraine auf. "Die Ukraine benötigt dringend weitere schwere Waffen, der Westen sollte seine Lieferungen intensivieren, noch mehr tun und sich auf ein langfristiges Engagement vorbereiten", sagte Stoltenberg der "Welt am Sonntag" einem Vorabbericht zufolge. Nur so könne Kiew die russische Invasion erfolgreich abwehren. Die Ukraine müsse sich auf einen "langen Krieg" mit Russland einstellen, der noch Monate oder gar Jahre dauern könnte.

Europarat: "Erschütterndes Ausmaß" von Vergehen

Die Menschenrechtskommissarin des Europarats, Dunja Mijatovic, hat nach einem viertägigen Besuch in der Region Kiew umfassende Menschen- und Völkerrechtsverletzungen durch russische Streitkräfte beklagt. Ausmaß und Schwere der Taten seien "erschütternd", erklärte Mijatovic. Den Opfer und ihren Familien Wiedergutmachung, Unterstützung und Gerechtigkeit zu verschaffen, sei eine "gewaltige, aber zwingend nötige Aufgabe".

Russlands Angriffskrieg habe "praktisch alle Menschenrechte" von Bewohnern der Ukraine beeinträchtigt, sagte Mijatovic. Unter anderem verwies sie auf die Zerstörung des Theaters und eines Krankenhauses in Mariupol und den Überlebenskampf eingeschlossener Zivilisten. Russland führe den Krieg "ohne große Rücksicht auf Menschenleben und Menschenwürde".

Die Namen Butscha, Borodjanka, Irpin und Andrejewka stünden für "entsetzliche Taten", so die Menschenrechtskommissarin. "Noch viele Menschen mehr in der ganzen Ukraine haben unaussprechliche Gräuel erlebt. Jeder verdient Gerechtigkeit und darf nicht vergessen werden." Mijatovic sagte den ukrainischen Justizbehörden fachliche Unterstützung zu, auch bei der psychologischen Betreuung von Opfern sexueller Gewalt.

Der Europarat hatte Russland im März wegen des Ukraine-Kriegs nach 26 Jahren Mitgliedschaft mit sofortiger Wirkung ausgeschlossen. Einen Tag zuvor hatte Russland selbst seinen Austritt erklärt, nachdem der Rat ein Ausschlussverfahren eingeleitet hatte.

WHO: Hunderte Attacken auf Gesundheitseinrichtungen

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat nach Angaben ihres Notfalldirektors Mike Ryan bereits 200 Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen in der Ukraine dokumentiert. Die Ergebnisse würden weitergegeben, um zu klären, ob dabei Verbrechen begangen seien. WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus sagt in Kiew, seine Organisation stehe den Ukrainern in dem Konflikt mit Russland zur Seite. Russland müsse den Krieg stoppen.

Luxus-Jacht in Italien festgesetzt

In Italien ließen die Behörden die in einer toskanischen Werft liegende Mega-Yacht "Scheherazade" festsetzen. Ermittlungen hätten "erhebliche wirtschaftliche und geschäftliche Verbindungen zwischen dem offiziellen Eigentümer der "Scheherazade" und bedeutenden Persönlichkeiten der russischen Regierung" ergeben, erklärte das italienische Wirtschaftsministerium.

Italien, Marina di Carrara | Yacht Scheherazade
Die Luxus-Jacht "Scheherazade" kommt bis auf weiteres nicht aus dem Hafen Marina di Carrara herausBild: Federico Scoppa/AFP/Getty Images

Das Ministerium gab den Namen des Eigentümers nicht bekannt. Medienberichten zufolge gehört die "Scheherazade", die unter der Flagge der Cayman-Inseln fährt, einem auf den Marshall-Inseln registrierten Unternehmen. Mitglieder der Anti-Korruptions-Stiftung des inhaftierten Kreml-Kritikers Alexej Nawalny hatten die Jacht dem russischen Präsidenten Putin zugeschrieben.

Das im Jahr 2020 von der deutschen Firma Lürssen gebaute Schiff verfügt laut der Website SuperYachtFan über zwei Hubschrauberlandeplätze, einen Swimmingpool und ein Kino und ist umgerechnet rund 640 Millionen Euro wert.

se/jj/haz/ack (dpa, rtr, afp, kna, ap)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.