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PolitikEuropa

Der Klimawandel bedroht Griechenlands Olivenbäume

27. Oktober 2022

Hitze, Trockenheit, Wassermangel: Der Klimawandel gefährdet die griechische Landwirtschaft. Für Bauern bedeutet das eine existenzielle Gefahr. Weite Teile des Landes könnten schon bald ganz austrocknen.

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Griechendland, Lesbos | Olivenernte
Die Olivenernte auf der Insel Lesbos fällt nach dem trockenen Sommer in diesem Jahr spärlich ausBild: Florian Schmitz/DW

Lesbos: Olivenbauern gegen den Klimawandel

"Lesbos ohne Olivenbäume, das ist unvorstellbar!", sagt Michalis Bakkas, Umweltaktivist aus Mytilini. "Die Olive ist Teil unserer Kultur. Es gibt hier auf Lesbos Millionen von Olivenbäumen." Für die drittgrößte Insel Griechenlands ist die Olivenölproduktion ein wichtiges wirtschaftliches Standbein, bereits seit Jahrhunderten. "Der ganze Reichtum der Insel basiert auf der Olive," so Bakkas.

Die vielen neoklassizistischen Villen, die sich in den besten Vierteln der Insel-Hauptstadt Mytilini aneinanderreihen, zeugen von einer Zeit, in der das qualitativ hochwertige Olivenöl der Insel überall im Mittelmeerraum Höchstpreise erzielte. Der Klimawandel aber setzt auch den sonst so hitzeresistenten Olivenbäumen zu.

Karte Griechenland Lesbos DE

"Die Sommer werden immer trockener", erklärt Umweltaktivist Bakkas. Im Jahr 2022 habe es fünf Monate überhaupt nicht geregnet. "Außerdem werden auch die Winter nicht mehr richtig kalt. Das aber brauchen die Oliven, um richtig wachsen zu können." Und wenn es schon mal regne, dann ergieße sich das Wasser in solchen Massen über Lesbos, dass es die Bäume nicht aufnehmen könnten. "Vor allem extreme Wetterphänomene im Frühjahr können dazu führen, dass die Oliven nicht blühen können."

Bakkas ist im Kontakt mit vielen Bauern auf der Insel, denen das sich verändernde Klima Sorgen bereitet. "Die Bauern sind schockiert", berichtet er. "Sie sehen, dass ihre Produktion zurückgeht." Gleichzeitig decken die Marktpreise für Olivenöl kaum die wachsenden Ausgaben der Bauern. An Investitionen in die Zukunft ist unter diesen Umständen kaum zu denken. "Viele wissen nicht, was sie tun sollen. Also verlassen sie das Olivengeschäft und suchen andere Arbeit."

Traditionelles Anbauen für die Zukunft

Michalis Bakkas macht sich Sorgen um die Zukunft der Olivenbäume, an denen so viel Geschichte und Identität, aber auch Existenzen hängen. Man müsse endlich aktiv werden, um die Folgen des Klimawandels in Grenzen zu halten - mit derselben Entschlossenheit, mit der man auch der Corona-Pandemie entgegentrat, fordert der Umweltaktivist.

Umweltaktivist Michalis Bakkas in einem Olivenhain auf Lesbos
Umweltaktivist Michalis Bakkas sorgt sich um die Zukunft der Oliven von LesbosBild: Florian Schmitz/DW

Einige Olivenbauern auf Lesbos haben erkannt, dass auch auf lokaler Ebene ein Umdenken erforderlich ist. Einer von ihnen ist Prokopis Bantzis. Sein Betrieb ist biodynamisch. Das bedeutet, dass er mit der Natur arbeitet und nicht gegen sie. Weder Dünger noch Insektenschutzmittel kommen zum Einsatz, Bantzis setzt ganz auf die natürliche Resistenz von Olivenbäumen. Es gehe darum, die fruchtbare Erde arbeiten zu lassen, ohne drastisch einzugreifen, erklärt er.

Geringere Ernten kaum zu vermeiden

Wie bei den meisten Bauern auf Lesbos aber fällt auch bei Bantzis die Ernte in im Jahr 2022 nicht so reichlich aus, wie er es sich erhofft hatte. Zwar war dieser Sommer nicht ganz so heiß, wie der im Jahr zuvor. Geregnet aber habe es zu wenig: "Die Bäume entwickeln kaum noch neue Triebe. Sie müssen diese Energie sparen, um sich am Leben zu erhalten", so Bantzis. Auch aus diesem Grund werden geringere Ernten in Zukunft kaum zu vermeiden sein.

Olivenbauer Prokopis Bantzis in seinem Olivenhain
Olivenbauer Prokopis Bantzis verzeichnet nach den Dürren der letzten Jahre eine rückgängige ErnteBild: Florian Schmitz/DW

Trotzdem wünscht sich Michalis Bakkas, dass mehr Olivenbauern auf Lesbos sich ein Beispiel am biodynamischen Betrieb von Prokopis Bantzis nehmen: "Praktiken, aus der Vergangenheit eignen sich auch heute sehr gut für die Kultivierung von Olivenbäumen." Dazu gehöre eben auch eine reiche und vielfältige Fauna auf dem Erdreich zwischen den Bäumen: "Diese Pflanzen geben den Bäumen zusätzliche Feuchtigkeit und speichern das aufgefangene Wasser." Viele Bauern würden chemische Mittel einsetzen, um diesen Unterwuchs zu beseitigen. Man müsse sie davon überzeugen, den Nutzen von Biodiversität auch in der Landwirtschaft zu erkennen.

Griechenland trocknet aus

Extreme Hitze, Dürreperioden und Unwetter: Die letzten Jahre haben dem abstrakten Begriff des Klimawandels ein Gesicht gegeben, das sich in den verschiedenen Regionen Griechenlands auf unterschiedliche Weise zeigt. "Wir haben in Griechenland eine große Vielfalt an Landschaften, von denen einige im Süden denen Afrikas und im Norden denen Mitteleuropas ähneln. Der Westen des Landes ist mit seinen vielen Regenfällen ganz anders als der trockene Osten", erläutert Rigas Tsiakiris, Forstwissenschaftler und Klimaexperte bei der Forstbehörde von Ioannina in Westgriechenland. Die Prognosen für die Zukunft aber seien besorgniserregend für das gesamte Land.

Ein brennender Wald auf Lesbos
Waldbrände bedrohen die Ferieninsel Lesbos und ihre OlivenbäumeBild: Eurokinissi/ZUMA Wire/picture alliance

Landwirtschaft und Viehzucht seien abhängig von gefrorenem Trinkwasser, das von den Bergen das Grundwasser, die Quellen und die Flüsse speise. Durch die beschleunigte Eisschmelze aber veränderten sich die Bedingungen, mit der Konsequenz, dass das Trinkwasser knapper werde. "Prognosen deuten darauf hin, dass große Teile Griechenlands von Wüstenbildung betroffen sein werden," erklärt Tsiakiris. Mehr als ein Drittel der Landfläche sei laut einer Studie akut bedroht: "In den kommenden Jahrzehnten wird dies das größte Problem nicht nur in Griechenland, sondern im gesamten östlichen Mittelmeerraum sein."

Politisches Umdenken erforderlich

Elias Papatheodorou ist Generalsekretär der Grünen in Griechenland. Politische Macht hat die Partei kaum. Bei den letzten Wahlen konnten sie nicht einmal ein Prozent der Wählerstimmen für sich gewinnen. Umweltthemen rücken erst langsam ins Blickfeld der Menschen.

Schäden nach dem Feuer auf der griechischen Insel Lesbos, in der Gegend von Rogada in Vatera
Waldbrände haben in den letzten Jahren große Flächen in Griechenland verwüstetBild: Panagiotis Balaskasi/ANE/Eurokinissi/picture alliance

Papatheodorou hofft bei den Parlamentswahlen im kommenden Jahr auf mehr Unterstützung - vor allem aufgrund der klimabedingten Veränderungen, die sich besonders im landwirtschaftlichen Alltag bemerkbar machten. "Die Landwirtschaft ist eine Säule der griechischen Kultur," so der Grünen-Politiker. "Wir haben bereits jetzt Probleme mit den Oliven. Mit dem Klimawandel beobachten wir einen Anstieg von Pflanzenkrankheiten, die es vorher nicht gab."

Auch Trauben seien in Gefahr oder die Produktion von Fetakäse, da Schafe und Ziegen in Zukunft nur noch begrenzt Zugang zu Weideflächen haben könnten. Wichtig sei daher jetzt vor allem die Energiewende, nicht nur in Griechenland, sondern überall. Immer noch kontrollierten ein paar wenige große Firmen den Energieverbrauch. Dieses Modell sei nicht zukunftsfähig - weder aus ökologischer noch aus ökonomischer Sicht.

"Bauern müssen in Zukunft die Energie, die sie verbrauchen, selbst produzieren", betont Papatheodorou. Dasselbe gelte für die Städte. Nur wenn die Menschen auch direkt an den Vorteilen der Energiewende beteiligt würden, könne man sie realisieren - und so die weitreichenden Folgen des Klimawandels eindämmen.

Porträt eines Mannes mit braunen Haaren und Bart
Florian Schmitz Reporter mit Schwerpunkt Griechenland