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Kummerkasten-Tante der EU-Bürger

Bernd Riegert, Brüssel2. November 2005

Endlich gibt es mal etwas zu feiern in der Europäischen Union! Das Amt des Europäischen Ombudsmannes wird in diesem Herbst zehn Jahre alt und die 20.000. Beschwerde ist eingegangen. Juchu! Jippih!

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Bernd Riegert

Und was macht so ein Ombudsmann? Die Tätigkeit ist weniger lustig als der Name. Im Grunde ist P. Nikiforos Diamandouros die Kummerkastentante für 450 000 000 EU-Bürger. Die dürfen sich nämlich mit Beschwerden über sämtliche EU-Institutionen und nationale Behörden an den Bürgerbeauftragten wenden, der seit zehn Jahren mit inzwischen 38 Mitarbeitern Briefe und e-mails bearbeitet. In zähem Ringen versuchen die Ombudsleute zwischen nörgelnden Bürgern und bräsigen Bürokraten zu vermitteln. Meist geht es um falsche Rechtsauslegung, mangelhafte Information durch den Amtsschimmel oder Anliegen, die jahrelang zwischen europäischen Aktendeckeln schmoren.

Rasanter Anstieg

Im letzten Jahr regnete es 3762 neue Beschwerden, satte 50 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Das lag vor allem daran, dass klagefreudige Bürger aus den neuen Mitgliedsländern nun auch Schutz beim guten Onkel in Brüssel suchen können. Außerdem freut sich P. Nikiforos Diamandouros werde sein Amt immer bekannter. Beschwerden lassen sich praktisch per e-mail-Formular einreichen. Das kostspielige Gerichtsverfahren vor dem EU-Gerichtshof in Luxemburg kann man umgehen.

In vielen Fällen kam es zu gütlichen Einigungen. Manchmal zahlte die EU-Kommission den gebeutelten Bürgern sogar Schadensersatz. Nur einmal musste der Ombudsmann seine schärfste Waffen gegen die bockige Kommission auspacken: Petzen beim Parlament. Der Bürgerbeauftragte schreibt einen gepfefferten Report ans Parlament, das seinerseits rechtliche Schritte einleiten kann.

Spitzenreiter

Europameister im Nörgeln sind übrigens die Malteser. Die Insulaner wandten sich 38 Mal an den Bürgerbeauftragten. Das ist verglichen mit der Gesamtbevölkerung rekordverdächtig. Nicht schlecht liegen auch die Spanier. Sie verfertigen 12,9 Prozent aller Eingaben. Dicht gefolgt von den Deutschen mit 12,4 Prozent.

Nach zehn Jahren Kampf gegen Kleinkarierte und Korinthenkacker sieht der Ombudsmann es als Erfolg an, dass viele nationale Behörden einen EU-einheitlichen Verhaltenskodex für gutes Verwaltungshandeln anwenden. Die obersten EU-Behörden in Brüssel allerdings halten sich nicht an diesen Kodex, sondern haben sich alle ihre eigenen Kodizes gebastelt. Das sei schon sehr seltsam, findet der oberste Ombudsmann P. Nikiforos Diamandouros. Da wäre eigentlich eine Beschwerde fällig. Nur bei wem?