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Teurer Spaß für die oberen Zehntausend

Stephan Hille, Moskau7. März 2006

Moskau hat die größte Millionärsdichte in Europa. In kaum einer anderen Metropole tummeln sich so viele erfolgreiche Unternehmer und Geschäftsleute, die durch den wilden Kapitalismus der 90er Jahre reich geworden sind.

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Kein Wunder, dass es in der russischen Hauptstadt nur so von teuren Restaurants, Casinos und Edelclubs wimmelt, in denen sich die "nouveaux riches" verlustieren können. Doch die erlebnishungrigen oberen Zehntausend dürstet es nach immer mehr ausgefallenen Vergnügungen.

Wohin mit meinem Geld?

Wilde Parties im Kasino, Skifahren im französischen Courchevel oder die Löwen-Safari in Afrika werden auf Dauer langweilig. Und die Russen amüsieren sich gerne daheim. Ohne Sergej Knjasews Event-Agentur würden sich viele Russen, die nicht wissen, wohin mit ihrem Geld, zu Tode langweilen. Knjasews Agentur bedient die Nachfrage nach den verrücktesten Vergnügungen und verspricht unvergessliche Erlebnisse.

Ein unvergesslicher Geburtstag

Seinen 40. Geburtstag jedenfalls dürfte der Unternehmer "M" so schnell nicht vergessen. Auf dem Weg ins Büro wurde seine Mercedes-Limousine mitten in Moskau von schwer bewaffneten "Polizisten" gestoppt. Etwas ruppig wurde er aus dem Auto gezerrt, die vermeintlichen Polizisten verhielten sich nicht gerade zimperlich.

Man verdächtige ihn des Handels mit Drogen, beschied man dem verdutzten Geschäftsmann "M". Und tatsächlich: bei der Fahrzeugkontrolle stießen die Fahnder im Kofferraum auf eine Tüte, die angeblich Heroin enthalten sollte. "M" schwante nichts Gutes. Dass sich in dem Päckchen lediglich Mehl befand, wusste der Unternehmer nicht. Er vermutete, dass einer seiner Konkurrenten ein böses Spiel treibe. In Russland ist schließlich alles möglich.

Doch es kam noch schlimmer: "M" wurde auf ein Polizeirevier abgeführt und dort in eine Zelle gesperrt. Dort saßen bereits zwei finstere Gestalten - Schauspieler, die ihre Rolle gut spielten und es dem armen Geschäftsmann gleich sehr ungemütlich machten. Beim Verhör drohte ihm einer der Ermittler mit 15 Jahren Haft, bevor man ihn dann plötzlich ziehen ließ.

Tolle Freunde

Alles nur ein Irrtum, entschuldigte man sich bei "M". Mit den Nerven am Ende und satter Verspätung kam der Unternehmer schließlich im Büro an. Dort traf er auf schelmisch grinsende Freunde. "Überraschung", tönte es ihm entgegen. Seine Freunde hatten sich auf seine Kosten einen großen Spaß für seinen runden Geburtstag ausgedacht. Und dafür keine Kosten gescheut. Einige zehntausend Euro dürfte sie der Spaß gekostet haben. Aber was tut man nicht alles für einen guten Freund. Das Drehbuch schrieb Event-Manager Knjasew. Alle Beteiligten, die "M" den ersten Teil des Geburtstages äußerst schwer gemacht haben, waren gemietete Schauspieler.

Der willkürliche Arrest als Überraschungsgeschenk und Party-Gag für die lieben Freunde ist nur eines der Szenarien, dass Sergej Knjasews Event-Agentur für gut zahlende Liebhaber des Extremen im Programm haben. "Wir bemühen uns, Ihnen einen einzigartigen Feiertag zu bescheren", verspricht Knjasew auf seiner Internetseite (www.knyazev.ru). Auf Wunsch und gegen das entsprechende Kleingeld entwickelt der Event-Manager auch individuelle Drehbücher für die ultimative Überraschung oder den härtesten Party-Schocker. In Russland scheint eben alles möglich.