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Politik

Rückflug mit Migranten von Minsk in den Irak

18. November 2021

Es ist die erste größere Aktion zur Verringerung der Zahl der Flüchtlinge in Belarus. Noch gehen an der Grenze zu Polen allerdings die Versuche von Migranten weiter, in die EU zu gelangen.

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Irakische Flüchtlinge besteigen in Minsk das Flugzeug, das sie zurück in die - ungeliebte - Heimat bringt
Irakische Flüchtlinge besteigen in Minsk das Flugzeug, das sie zurück in die - ungeliebte - Heimat bringt Bild: Iraqi Foreign Ministry/Reuters

Von der belarussischen Hauptstadt Minsk ist nach Angaben des dortigen Flughafens ein erster Rückflug mit Migranten in Richtung Irak gestartet. An Bord der Maschine der Fluglinie Iraqi Airways befänden sich insgesamt 431 Menschen, sagte ein irakischer Diplomat laut der russischen Nachrichtenagentur Interfax. Tausende Flüchtlinge zum Großteil aus dem Nahen Osten, darunter aus dem Irak, sitzen derzeit in Belarus bei eisigen Temperaturen vor allem an der Grenze zum EU-Mitgliedstaat Polen fest.

Insgesamt 431 Migranten warteten im Flughafen der belarussischen Hauptstadt auf den Flug mit Iraqi Airways
Insgesamt 431 Migranten warteten im Flughafen der belarussischen Hauptstadt auf den Flug mit Iraqi Airways Bild: Andrey Pokumeiko/BelTA/AP/picture alliance

Polen: 100 Migranten festgenommen

Die Zahl der versuchten illegalen Grenzübertritte von Migranten ist nach polnischen Angaben derweil weiter angestiegen. 500 Menschen hätten allein am Mittwoch versucht, nach Polen zu gelangen, teilte der Grenzschutz mit. In der Nacht nahmen polnische Sicherheitskräfte rund hundert Migranten fest. Auch diese hätten versucht, die schwer bewachte Grenze nach Polen zu überqueren, teilte das Verteidigungsministerium in Warschau mit. Die Festnahmen ereigneten sich demnach nahe dem Dorf Dubicze Cerkiewne.

 Am geschlossenen Grenzübergang Kuznica-Bruzgi kampieren 200 bis 300 Menschen in einem notdürftig errichteten Lager. Das Lager ist von belarussischen Soldaten umstellt, die Masken, Westen und Helme tragen. Auf polnischer Seite steht ein Wasserwerfer bereit.

Kontroverse zwischen Belarus und Berlin  

In Belarus befinden sich nach Angaben der Führung in Minsk derzeit insgesamt rund 7000 Migranten. 2000 davon seien an der Grenze zu Polen, teilte die Sprecherin von Präsident Alexander Lukaschenko, Natalja Eismont, in Minsk mit. Ob derzeit tatsächlich 7000 Flüchtlinge in Belarus sind, lässt sich nicht unabhängig bestätigen. 

Die belarussische Präsidenten-Sprecherin Natalja Eismont
Die belarussische Präsidenten-Sprecherin Natalja EismontBild: SHAMIL ZHUMATOV/AFP/Getty Images

Nach Eismonts Worten bietet Belarus der EU an, 5000 Flüchtlinge in deren Heimatländer zurückzuschicken, sollte die Europäische Union ihrerseits 2000 Migranten aufnehmen. Lukaschenko habe diesen Vorschlag eines "humanitären Korridors" in die EU mit Bundeskanzlerin Angela Merkel besprochen. 

Damit fing sich der autoritäre Staatschef in Berlin allerdings eine Absage ein. Die geschäftsführende Bundesregierung sieht bei Fragen zur humanitären Situation der in Belarus festsitzenden Menschen dem Vernehmen nach die EU in der Verantwortung. Aus Berliner Regierungskreisen hieß es: "Deutschland hat dem nicht zugestimmt. Es handelt sich um ein europäisches Problem, bei dem Deutschland nicht alleine vorgeht."

Seehofer: Deutschland nimmt keine Migranten auf

Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer stellte bei einem Besuch in Warschau klar: "Deutschland wird keine an der belarussischen Grenze zur EU festsitzenden Flüchtlinge aufnehmen." Berichte, dass die Bundesregierung bereit sei, Menschen nach Deutschland zu holen, seien "Falschmeldungen", mit denen "Druck" ausgeübt und "Stimmung" gemacht werden solle. "Das werden wir in der nächsten Zeit noch öfters erleben."

Seehofer war nach Warschau gereist, um Polen für die Bemühungen zur Abwehr organisierter Migrationsbewegungen aus Belarus zu danken. "Ohne wirksamen Außengrenzschutz stellt sich Europa selbst in Frage", sagte Seehofer vor seinem Abflug. Polen handele "seit Wochen zutiefst europäisch".

EU: Keine Verhandlungen mit Lukaschenko

Die EU-Kommission teilte mit, dass sie hochrangige Gespräche mit Belarus über die Flüchtlinge ablehne. "Verhandlungen mit dem Lukaschenko-Regime kommen nicht in Frage", sagte der Sprecher von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Eric Mamer, in Brüssel. Er äußerte sich nach den Telefonaten von Merkel mit dem belarussischen Machthaber.

Der Sprecher der EU-Kommission, Eric Mamer
Der Sprecher der EU-Kommission, Eric MamerBild: Dursun Aydemir/AA/picture alliance

Wohl führe die EU-Kommission zur Zeit "technische Gespräche" mit der UN-Flüchtlingshilfeorganisation UNHCR und mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM). Darin sei auch ein belarussischer Beamter eingebunden. Im Zentrum stehe hier "die Rückführung der Menschen an der Grenze" zur EU, betonte der Sprecher.

Hybrider Krieg mit Migranten: Wer stoppt Lukaschenko?

sti/uh (afp, dpa, rtr)