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Gesellschaft

Generation 60 plus: Hilfe kennt kein Alter

10. Januar 2021

Vor kurzem noch fit und gesund, auf einmal "schutzbedürftig": Corona hat den Blick auf die ältere Generation geändert. Zu Recht? Zahlen und Fakten zu einer alles andere als homogenen Bevölkerungsgruppe.

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Hamburg | Albertinen-Haus: ehrenamtlichen Helferin Heike Jakobi "Grüne Damen"
Ehrenamt: Heike Jakobi besucht als "Grüne Dame" regelmäßig Patientinnen im KrankenhausBild: picture-alliance/dpa/C. Charisius

Der Einfluss älterer Menschen in der Gesellschaft nimmt zu. Die Generation 60 plus ist länger erwerbstätig, sie engagiert sich stärker ehrenamtlich und ihr politischer Einfluss wächst. Doch ein Blick in die Statistik zeigt: Seniorinnen und Senioren als vom Coronavirus besonders bedrohte medizinische "Risikogruppe" aus dem öffentlichen Leben auszuschließen, hat gravierende Konsequenzen für die Gesellschaft und wird der Realität nicht gerecht. Ein kurzer Überblick über die wichtigsten Wirkungsbereiche.

Demographie: Die Alten werden mehr

Zwischen 1990 und 2018 stieg nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) die Zahl der Menschen im Alter ab 67 Jahren um 54 Prozent von 10,4 Millionen auf 15,9 Millionen. Sie wird bis 2039 um weitere fünf bis sechs Millionen auf mindestens 21 Millionen Menschen wachsen. Die Zahl der über 80-Jährigen wird von 5,4 Millionen im Jahr 2018 auf 8,9 bis 10,5 Millionen Menschen bis 2050 anwachsen.

Lebenserwartung: Die Alten werden älter

Wer heute in Deutschland geboren wird, hat ein langes Leben vor sich. Die Lebenserwartung eines neugeborenen Jungen beträgt 78 Jahre, eines Mädchens 83 Jahre. Zurzeit gehört ein Viertel der Bevölkerung der Generation 60 plus an, 2050 wird es ein Drittel sein. Nur in der Slowakei, Portugal, Spanien und Griechenland wird ein höherer Anteil erwartet.

Gesundheit: Sie bleiben lange fit

Zwei Drittel der rund 3,5 Millionen pflegebedürftigen Menschen werden laut Sozialverband Deutschland (SoVD) zu Hause versorgt. 68 Prozent der pflegenden Angehörigen sind weiblich, 73 Prozent verheiratet. In der Altersgruppe der 60- bis 80-Jährigen ist die Pflegebedürftigkeit gering. Sie steigt erst ab dem Alter von 80 Jahren sprunghaft an.

Symbolbild Kinderbetreuung durch Großeltern
Trotz längerer Berufstätigkeit: Immer mehr Großeltern verbringen regelmäßig Zeit mit ihren EnkelnBild: Colourbox/D. Pereiras

Familie: Als Großeltern unverzichtbar

Nicht nur bei der Pflege, auch bei der Betreuung von Enkelkindern sind ältere Menschen unverzichtbar. Fast die Hälfte aller Großeltern in Deutschland helfen laut Forsa-Umfrage "Generationen-Unterstützung" vom Dezember 2019 ihren Kindern. Vor allem in der Altersklasse der 50- bis 64-Jährigen ist das Interesse an den Enkelkindern am größten, bei der Altersgruppe 65 plus sind es 45 Prozent der Großeltern. Einen großen Anteil haben Großeltern auch bei der finanziellen Unterstützung ihrer Enkelkinder. Zwei Drittel aller Großeltern machen ihren Enkeln Geldgeschenke und übernehmen Ausgaben für Schulmaterial oder Mitgliedschaften in einem Verein.

Arbeitsmarkt: Senioren arbeiten länger

Laut Statistischem Bundesamt arbeiten Über-60-Jährige immer länger und immer mehr. So ist die Erwerbsbeteiligung der 60- bis 64-Jährigen zwischen 2009 und 2019 von 39 Prozent auf 62 Prozent gestiegen. In der Gruppe der 65- bis 69-Jährigen wuchs die Erwerbstätigkeit im gleichen Zeitraum von acht auf 18 Prozent. In absoluten Zahlen: 2009 waren 670.000 über 65-Jährige auf dem Arbeitsmarkt präsent, mittlerweile sind es 1,3 Millionen.

Einkommen: Als Konsumenten gefragt

Bei der Kaufkraft liegen Deutschlands Senioren in Europa an vierter Stelle hinter Luxemburg, Frankreich und Österreich. Laut Alterssicherungsbericht der Bundesregierung liegt das durchschnittliche Einkommen bei Ehepaaren ab 65 Jahren in den alten Bundesländern bei durchschnittlich 2.989 Euro, in Ostdeutschland sind es 2.557 Euro. Bei alleinstehenden Männern sind es bundesweit 1.816, bei Frauen 1.607 Euro. Dennoch hat auch die Altersarmut zugenommen: Vier Prozent der Ehepaare und acht Prozent der Alleinstehenden bei den über 65-Jährigen beziehen staatliche Unterstützung. Zum Vergleich: Insgesamt bezogen laut Destatis Ende 2019 in Deutschland 8,3 Prozent der Bevölkerung soziale Mindestsicherungsleistungen.

Wattenscheid Tafel Warenausgabe
Rückgrat der Tafeln: Zwei Drittel aller Helfer sind über 60 Jahre altBild: DW/Mirjam Benecke

Ehrenamt: Mehr Einsatz für die anderen

Bei den 60- bis 69-Jährigen hat ehrenamtliche Arbeit laut Freiwilligensurvey zwischen 1999 und 2014 von 31 Prozent auf 45 Prozent zugenommen. Auch bei den über 75-Jährigen ist der Anteil angestiegen - von 16,6 Prozent auf 26,1 Prozent. Ältere Menschen engagieren sich überdurchschnittlich häufig im sozialen Bereich, zum Beispiel in Wohlfahrtsverbänden, Hilfsorganisationen oder in der Nachbarschaftshilfe. Wie wichtig ihr Einsatz ist, zeigte sich im April 2020, als die Tafeln mitten in der Coronakrise vorübergehend ihre Arbeit einstellen mussten. Der Grund: Die Mehrheit der freiwilligen Helfer ist über 60 Jahre alt.

Politik: Die Wähler werden älter

Der Einfluss der älteren Generation in der Gesellschaft wächst. Bei der Bundestagswahl 2017 stellte die Generation 60 plus bereits gut ein Drittel der Wahlberechtigten und damit mehr als doppelt so viele wie die Generation der Unter-30-Jährigen. Die Anzahl der Wähler im Alter zwischen 60 und 70 Jahren betrug 9,5 Millionen (15,4 Prozent), die Gruppe der Über-70-Jährigen machte 12,7 Millionen aus (20,7 Prozent).

Quellen: Deutsches Statistisches Bundesamt (Destatis), Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Deutsches Zentrum für Altersfragen (DZA), Deutscher Freiwilligen Survey, Deutsches Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI), Deutscher Alterssurvey, Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), Rentenversicherungsbericht 2020 der Bundesregierung, Alterssicherungsbericht, Sozialverband Deutschland (SoVD), www.grosseltern.de