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Politik

US-Milliardäre zahlen kaum Einkommensteuer

9. Juni 2021

Worin liegt der Unterschied zwischen Normalsterblichen und Superreichen? Im Vermögen, ganz klar. Aber eben auch im Vermögen, den Fiskus zu umgehen.

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Bildkombo Elon Musk l Jeff Bezos

Amazon-Gründer Jeff Bezos (rechts im Bild) zahlte in den Jahren 2007 und 2011 keinen Cent an Einkommensteuer. Die Einkommensteuererklärung von Tesla-Gründer Elon Musk (links) lag 2018 bei null. Und auch der Milliardär und frühere New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg, der Investor Carl Icahn sowie der Philanthrop und Großinvestor George Soros gehören zu jenen, die im großen Stil Steuervermeidungsstrategien angewandt haben. Das ergab die Auswertung unzähliger Datensätze der amerikanischen Steuerbehörde Internal Revenue Service (IRS) durch die US-Investigativ-Plattform ProPublica.

Insgesamt zahlten die reichsten 25 Amerikaner weniger Steuern als viele normale Arbeiter, wenn man Sozial- und Krankenversicherung einbezieht, schreiben die ProPublica-Autoren. Illegal seien die Steuervermeidungsstrategien jedoch nicht gewesen.

USA Houston | Michael Bloomberg
"Alle Steuern gezahlt, zu denen er verpflichtet ist": Der demokratische Politiker Michael BloombergBild: Getty Images/J. Raedle

Vielmehr hätten die reichen Prominenten davon profitiert, wie zu versteuerndes Einkommen in den USA definiert werde. So wird im US-Steuerrecht der wachsende Wert von Vermögenswerten wie Aktien oder Immobilien nicht berücksichtigt. Steuern werden nur auf Verkaufserlöse solcher Werte fällig.

Debatte über wachsende Ungleichheit

Die Recherche zerstöre den "grundlegenden Mythos des amerikanischen Steuersystems: Dass jeder seinen gerechten Anteil beiträgt und die reichsten Amerikaner das meiste zahlen", heißt es in dem ProPublica-Bericht. Das dürfte die Debatte über die wachsende Ungleichheit zwischen den reichsten Amerikanern und dem ganzen Rest weiter anheizen.

Senatorin Elizabeth Warren von der Demokratischen Partei erklärte bereits: "Unser Steuersystem wurde zurechtgebastelt für Milliardäre, die ihr Vermögen nicht durch Einkommen erzielen, wie es arbeitende Familien tun." Die USA bräuchten eine Reichensteuer, "damit die Ultrareichen endlich ihren gerechten Anteil zahlen". Warren kämpft seit langem für eine höhere Besteuerung Superreicher, bei der auch Vermögenswerte wie Aktien und Immobilien berücksichtigt werden sollen.

Wie sie an die vertraulichen Steuerdaten gekommen waren, enthüllen die Investigativjournalisten nicht. Das versucht nun das US-Finanzministerium herauszubekommen. Der Generalinspekteur des Ministeriums, die Bundespolizei FBI und der Bundesanwalt in Washington sind bereits mit der Angelegenheit betraut. Auch die Steuerbehörde IRS fahndet nach ihrem Leck. Denn die unautorisierte Weitergabe vertraulicher Regierungsinformationen ist illegal.

Debatte auch in Deutschland

Auch wenn die ProPublica-Enthüllungen nur Angaben zu Milliardären in den USA enthalten, trifft das Thema auch in Deutschland einen Nerv. So zeigt der vor kurzem veröffentlichte Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, dass die Kluft zwischen Arm und Reich im Land seit Jahren zunimmt.

Veröffentlichungen wie die Panama-Papers oder von deutschen Finanzämtern angekaufte Steuer-CDs sorgen regelmäßig für mediale Aufmerksamkeit. Dabei geht es jedoch meist um illegale Steuervermeidung.

Doch auch in Deutschland gilt: Wer reich ist und keine illegalen Steuertricks nutzt, kann heute mehr von seinem Geld behalten als in den vergangenen Jahrzehnten. In den 1970er und 80er Jahren lag der Spitzensteuersatz der Einkommenssteuer bei 56 Prozent, heute liegt er nur noch bei 42 Prozent.

Der niederländische Historiker Rutger Bregman wies auf diesen Umstand, der in vielen Ländern zu beobachten ist, 2019 bei einer Veranstaltung des Weltwirtschaftsforums hin und sagte, dass in Davos über alles mögliche gesprochen werde, nie aber über höhere Steuern.

Seit der Corona-Pandemie hat das Thema Steuergerechtigkeit weltweit neue Bedeutung erlangt, weil Finanzminister aller Länder auf der Suche nach neuen Einnahmequellen sind, um die durch die Corona-Maßnahmen entstandenen Löcher zu stopfen.

rb/wa/bea (AFP, AP, dpa, Reuters)